Neben dem Schnee gab es noch andere Dinge, die Aaron auf seiner
Wanderung erheblich behinderten. Das eine war der Rucksack. Nicht,
dass an dem Rucksack an sich etwas schlecht gewesen wäre. Im
Gegenteil, der Rucksack war eine große Hilfe, da er durch
verschiedene Bänder und Schnallen das Gewicht des Gepäcks gut auf
Rücken und Schultern verteilte. Leider blieb das Gepäck dabei
allerdings genauso schwer. Beim ewigen Kampf durch den Schnee hätte
Aaron sich gewünscht, nicht auch noch zehn bis fünfzehn Kilo
Ausrüstung mit sich herumschleppen zu müssen. Wie das meiste, was
Aaron mit sich führte, hatte der Rucksack seinem Bruder gehört.
Aaron selbst hatte nicht damit gerechnet, eine Survival-Ausrüstung
zu brauchen. Er hatte vorgehabt, Erik zu helfen, so schnell es ging,
und dann sofort wieder den Heimweg anzutreten. Das einzige von seinen
momentanen Besitztümern, was wirklich ihm gehörte, war daher die
Kleidung, die er am Leib trug.
Diese Kleidung war das zweite Problem. Klar, er brauchte die dicken
Sachen, um bei den extrem niedrigen Temperaturen nicht zu erfrieren,
aber bei Anstrengungen wie dieser Wanderung kamen einem Gedanken an
die Beweglichkeit und Leichtigkeit eines T-Shirts verlockend vor,
vollkommen egal, wie kalt es um einen herum war.
So wanderte Aaron nun einige Stunden. Etwa alle zehn Minuten machte
er kurz Pause, um zu Atem zu kommen. Er war eigentlich kein
unsportlicher Mensch und wenn die letzten Tage ihm auch psychisch
alles abverlangt hatten, was er zu bieten hatte, so konnte von
körperlichen Herausforderungen doch keine Rede sein. Er war gut
ausgeruht und ertappte sich manchmal sogar dabei, wie er für den
einen oder anderen Moment vergaß, warum er eigentlich hier war, und
die Bewegung geradezu genoss.
Mit der Erkenntnis, kurz abgeschaltet zu haben, kam allerdings auch
immer wieder der Gedanke an die Bedeutung dieser Wanderung. Es ging
um Leben und Tod. Kein harmloser Winterspaziergang, keine
Abenteuer-Bergwandertour, nicht mal die Aktionen naturverliebter
Extremsportler konnten hiermit mithalten, denn letztere hatten sich
zumindest angemessen vorbereitet und eine Ausrüstung dabei, von der
sie wussten, dass sie ihnen genügen würde. Außerdem hatten sie
Ahnung von dem Gebiet, in das sie gingen. Nichts davon konnte Aaron
von sich behaupten. Seine Chancen, das fiel ihm immer wieder ein,
waren alles andere als gut. Und dabei ging es bei diesen Chancen
nicht einmal um die Ziele eines Extremsportlers, um irgendeinen
Rekord oder so, sondern nur um das einfachste, das grundsätzlichste
Ziel, das man sich setzen konnte: das eigene Überleben.
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