MVJstories

MVJstories ist ein Blog, auf dem eine kleine Gruppe junger Schriftsteller Auszüge aus ihren Werken veröffentlicht. Feedback ist ausdrücklich erwünscht. Und nun viel Spaß beim lesen!

Donnerstag, 27. Juni 2013

Ich lasse euch nicht schlafen


Wer sich bisherige Geschichten durch gelesen hat, könnte vielleicht bereits auf die Idee gekommen sein, dass diese Geschichte eine Anspielung auf eine meiner früheren Geschichten mit dem Titel: „Ich kann nicht schlafen!“ Ist.
Im Gegensatz zu der Geschichte aus vergangener Zeit soll es, wie es sich aus dem Namen vielleicht schon vermuten lässt, eher darum gehen dass ich, und vor allem wie ich meine Nachbarn nicht schlafen lasse.
Wer die Geschichte „Ich kann nicht schlafen!“ noch nicht gelesen hat oder den Inhalt nicht mehr sinnvoll zusammengesetzt bekommt, sollte sich diese dringend noch einmal durchlesen! Dazu klickt ihr einfach rechts unter „Blog-Archiv“ ganz einfach auf „2012“ und dann „Juni“. Jetzt müsst ihr lediglich die Geschichte auswählen.
Wer so ein gutes Gedächtnis hat, dass er sich sogar an den zweiten Teil: „Ich kann nicht schlafen (mal wieder)“ erinnert, braucht sich keine Hoffnungen zu machen! Aus dieser Geschichte werde ich nichts mit rein nehmen.
Hier kommt jetzt noch einmal eine ausführliche Beschreibung. Am besten ihr öffnet euch ein zweites Fenster um die Anleitung lesen zu können während ihr die einzelnen Schritte ausführt.
Also los geht ’s!
Geht links auf „Blog-Archiv“
Jetzt auf „2012“
Anschließend auf „Juni“
Und jetzt wählt ihr die Geschichte aus. Für diejenigen unter euch, die es vergessen haben sollten und zu Faul sind noch mal nachzulesen, die Geschichte hieß: „Ich kann nicht schlafen“


Und? Geschichte wirklich gelesen? Bist du ganz sicher? Naja wie auch immer. Lies halt weiter! Ich kann ja eh nicht kontrollieren ob du die Geschichte gelesen hast. Ich kann ja nicht mal kontrollieren wie du auf die Frage am Anfang dieses Absatzes geantwortet hast.
Also gut! Es geht los...


Ich blicke auf die Uhr, welche in der oberen rechten Bildschirmecke meines Notebooks angezeigt wird. 22:42:56... nein 57...58, 59... ach F**k dich! Jedenfalls ist es zu spät um Gitarre zu spielen. Vielleicht sollte ich raus gehen! Oder... auch nicht. Draußen ist es kalt! Und dass, obwohl in wenigen Tagen der Juli beginnt.
Ich gehe in die Küche, und werfe einen Blick in den Kühlschrank. Der hingegen wirft mit einem Salatkopf, welcher direkt im Futternapf des Katers landet. Der Kater ist sichtlich irritiert. Er schaut sich um, dann nach oben, schaut mich an und... Miau! Miauuu!
Ja ich weiß!“ sage ich „Aber es gibt Dinge mit denen musst du einfach klar kommen.“
Miau? Mia, Miauuu!“
Du hast es doch noch nie als Vegetarier probiert!“ sage ich und wende mich wieder dem Kühlschrank zu. Nach dem Flugversuch des Salatkopfes, befindet sich noch ein Glas „Duo Creme Schoko-Banane“ im Kühlschrank. Das Zeug is widerlich! Warum hatte ich es gekauft?
Ich nehme das Glas aus dem Kühlschrank und blicke runter zum Kater, welcher unschlüssig ob er ihn essen soll oder nicht, an dem Salatkopf schnüffelt. Eine Sekunde überlege ich, ob ich mit ihm tauschen sollte, entscheide mich dann aber anders, nehme mir einen Löffel aus dem Besteckkasten und gehe mit Glas und Löffel in mein Zimmer. Ich stelle das Glas auf den Tisch und lege den Löffel oben drauf.
Leise mache ich Children of Bodom an. Nun wird mein Zimmer erfüllt, von ebenso schönen wie abgespacten Gitarenlicks. Ich lege mich auf mein Bett und genieße die Musik. Ungefähr zehn Sekunden bleibe ich still liegen, bis ich beschließe die Musik ein wenig lauter zu drehen, da mein Bett ein wenig von den Boxen entfernt steht.
Ich lege mich wieder hin und genieße die Musik nun etwas hörbarer.
Ne Zigarette wär jetzt verdammt chillig! Dafür muss ich allerdings aufstehen und das Fenster aufmachen. Nach kurzem überlegen, beschließe ich dass die Zigarette diesen weg wert ist. Ich stehe also auf. Ich gehe an den Boxen vorbei und denke mir, dass wenn ich das Fenster offen hab, es besser wäre, die Musik etwas leiser zu machen. Nur ein bisschen! Ich drehe ein wenig am Lautstärkeregler. Die Musik ist jetzt zwar noch lauter als am Anfang, aber doch leiser als eben noch.
Ich gehe zum Fenster und öffne es. Auf dem Rückweg zum Bett beschließe ich, dass mir die Musik nun doch zu leise ist. Ich drehe sie also wieder auf. Noch ein wenig lauter als zuvor aber naja das bisschen macht 's nun auch wieder nicht.
Ich lege mich auf mein Bett und hole eine Zigarette aus der halb leeren Schachtel. Ich könnte noch zum Zigarettenautomaten gehen. Ach nein... Es ist kalt und teuer. Ich wünschte ich könnte Zigaretten drehen! Das ist sowieso viel cooler als alles andere. Ich glaube ja das Leute die drehen oft auch von Nichtrauchern nach Zigaretten gefragt werden, einfach weil diese sehen wollen wie cool sie die Zigaretten drehen. Ach ja... Zigaretten drehen lernen! Steht ganz oben auf meiner To-Do-Liste.
Bevor ich die Zigarette anzünde, regel ich die Lautstärke der Musik noch ein wenig höher um völlig in ihr versinken zu können. Ich lege mich auf mein Bett, zünde die Zigarette an und genieße die Musik. Das neue Children of Bodom-Album „Halo of Blood“... Ein absoluter Kracher!
Ein Lied geht zu Ende. Das nächste ist mein Lieblingslied, daher drehe ich die Musik noch ein wenig lauter. Bisher hat sich keiner beschwert, und man muss die Leute ja mit dieser Band bekannt machen. Nach diesem Gedanken, drehe ich den Regler noch höher. Die Musik läuft nun in voller Lautstärke in meinem Zimmer, und im Hinterhof. Ich liege auf dem Bett und genieße die Musik.
Es ist 23:16:57... nein 58... Nein... l**k mich! In der Pause zwischen zwei Songs, höre ich die Türklingel. Ich stehe auf und gehe hin. Ich öffne die Tür. Vor mir steht eine junge Dame, nicht älter als ich.
Geht das nicht etwas leiser?“ fragt sie
Nicht bevor du dir das Album gekauft hast!“ schreie ich aufgedreht und voller Enthusiasmus, schmeiße die Tür ins Schloss, renne in mein Zimmer und Springe im Stagediver-Stil auf mein Bett.




Victor Ian Clockwork
27.06.2013

Montag, 24. Juni 2013

Schule - Das Scheißhaus der "Intellektuellen"


Es ist nicht so als würde es ausreichen, dass durch die brennende Sonne unser Klassenraum Temperaturen von gefühlten 40° hat und Luft hier entsprechende Mangelware ist. Nein! Es reicht nicht! Es kommen doch tatsächlich noch einige Klassenkameraden auf die Idee sich am ganzen Körper mit Deo einzudieseln. Von einem benachbarten Tisch höre ich nicht nur das Zischen des Deodorantes und merke nicht nur wie plötzlich die Luft zum Atmen durch eine Gasförmige, nach Chemie schmeckende Substanz ersetzt wird, nein ich sehe auch wie sich die Wolke im Klassenraum verteilt. Selbst das Mädchen welches dafür verantwortlich ist, beginnt zu husten. Hm... es ist die selbe die sich vor zehn Minuten in der Pause noch über die Raucher aufgeregt hat. „Das Stinkt und verpestet die Luft!“ hatte sie gesagt. Melde ich mich jetzt zu dem Thema? Ja! Aber nicht bei ihr. Ich fedel es geschickt in einen Text ein welchen ich nur für die Schule verfasse.
Den Text nenne ich: Schule – Das Scheißhaus der „Intellektuellen“! Dabei stehen die Intellektuellen bewusst in Anführungszeichen denn ich habe sie noch nicht gefunden. Zu dem Scheißhaus soll sich jeder seine Meinung bilden. Auch wieder ein Wortwitz welcher sich auf die Bild – Zeitung bezieht denn ungefähr auf dem Niveau bewegen sich sämtliche Aktionen und Reaktionen auf dieser Schule.
Es ist zu heiß zum Denken und ich hatte zu wenig Kaffee um mich aufs Denken zu konzentrieren. Weit in der ferne höre ich jemanden etwas vom Distributivgesetz erzählen. „9. - Klasse - Stoff“ nennt meine Lehrerin das ganze. Schade dass ich dem Jahr in dem ich lieber im alten Backsteinhaus gearbeitet habe diesen ganzen Kram nicht benötigt habe und ihn daher bei einer Inventur meines Kopfes in den Müll geworfen habe. Kalle hatte mal ein deutsch/englisches kurzes Gedicht zu diesem Unterrichtsfach geschrieben.

Langeweile, the teacher is dick,
oh yes thats Mathematik.

Ich fand es damals schon nicht witzig heute noch weniger. Die Langeweile ist beinahe schlimmer als die Hitze. Um halbwegs wach zu bleiben rezitiere ich den Text des Songs: „Long live the weekend“ der Band „The living end“. Einzelne Zeilen schreibe ich neben meine Notizen. Thursday, it takes twice as long! Oh yes my Friend!
Meine Lehrerin kommt an meinen Tisch und fängt an zu zetern. Ich verstehe nicht. Ich versuche mich an vergangene Gespräche mit ihr zu erinnern:
- Wo ist ihr Tafelwerk? - passt nicht!
- Würden sie mir Bitte die Wurzel von 256 nennen! - eindeutig zu lang!
- Wieso schreiben sie nicht mit? - Ja das muss es sein!
Ich hab doch mitgeschrieben!“ sage ich und deute auf meinen Hefter. Wieder sagt sie irgendwas. Ich höre wieder nicht zu. Warum versteht die Tante nicht, dass ich gar nicht da bin? (Ich glaube nicht an meine eigene Existenz. Ich glaube Jemand redet sie mir nur ein, um mich in den Wahnsinn zu treiben.)
- Na gut! Aber arbeiten sie bitte mit! - Nein! Die hat doch schon lange sämtliche Hoffnungen aufgegeben, dass ich jemals mitarbeiten würde!
- Okay sie dürfen sich ein Eis holen! - Haha... Nie im Leben hat sie so etwas zu mir gesagt
- Und wo ist der Rest? - Jup, klingt plausibel.
Der steht doch an der Tafel!“ sage ich während ich mir die Schläfen massiere.
Sie sagt noch etwas und geht. Was hat sie gesagt? Egal sie ist weg also erwartet sie nichts von mir.
Vor mir fragt ein Junge, welcher mich vor wenigen Minuten nach Drehzeug (Tabak, Papes und Filter) gefragt hatte, ob er auf Toilette dürfe.
Frau Tante Matheleererin (Ja bewusst mit zwei „e“) scheint dies zu verneinen jedenfalls bleibt der Junge sitzen.

Es klingelt zur Pause. Alle springen auf. Ich bleibe sitzen und warte auf den Satz der Lehrerin: „Ich beende die Stunde!“
Ganz ehrlich: Wofür gibt es diese scheiß Klingel wenn nicht um die Schüler aufzuwecken und ihnen zu sagen: „Hey Leute! Chillt ma! Der Unterricht ist vorbei. Ihr dürft zur Pause gehen.“
Alle setzen sich und warten, bis Frau Sowieso ihren Abschiedssatz gesprochen hat. Dann gehen sie raus. Ich hinterher.
Haste ma Feuer?“ frage ich einen meiner Mitschüler auf dem Hof.
Der gibt mir sein Feuer und sagt: „Aber deine Kippe is doch schon an!“
Ich weiß!“
Ich nehme das Feuer und gehe zu dem Mädchen welches vor anderthalb Stunden noch den Klassenraum verpestet hat und gerade wieder im Begriff ist, ihr Deo zu zücken. Zum letzten mal vermutlich!



Victor Ian Clockwork
24.06.2013

Donnerstag, 13. Juni 2013

Jack's Welt - Episode I




Vorahnung


Von Mr. Big

Pre-Prolog

Herzlich Willkommen zur ersten Ausgabe von Jack‘s Welt. Bevor alle Rechtschreibexperten aufschreien, ich weiß, eigentlich gehört da kein Apostroph hinter Jack, da dies die englische Schreibweise ist und im Deutschen nicht vorkommt. Herr Mackowiak möge mir an dieser Stelle verzeihen, dass ich mich bewusst gegen sein Wissen (welches er mir in langen Wochenendseminaren vermittelt hat, das z.B. von solchen Einschüben abrät, die nichts sagen und von überlangen Satzkonstruktionen oder langen Wörtern oder Aneinanderreihungen) entscheide und es trotzdem so schreibe. „Jack’s Welt“ sieht halt einfach cooler aus als „Jacks Welt“. Und ich bin der Autor, also kann ich es künstlerische Freiheit nennen, bääm. Nun aber zum eigentlichen Kern dieses Prologs. 

Prolog

Nochmals: Herzlich Willkommen zu „Jack’s Welt“. Um kurz zu erklären, wieso ich mich entschieden habe, dass hier so aufzubauen und nicht anders, hier ein paar kurze Erläuterungen. Ich habe  „Jack“  ins Leben gerufen, um einige witzige Anekdoten wiedergeben zu können, die meinen Alltag bereichern. Das Ganze möchte ich hübsch verpackt in fiktiven Kurzgeschichten tun, die die Ideen weiterspinnen.
Aufgrund meines Vorhabens, eine angenehme Erzählstruktur  zu schaffen oder vielleicht sogar eine spätere längerfristige Hintergrundstory zu ermöglichen, habe bewusst keinen „Wegwerf-Protagonisten“ geschaffen, sondern eine etwas langlebigere Person.
Jack ist mir beim Schreiben irgendwie sehr sympathisch erschienen, sodass ich ihn behalten will. Die Geschichten werden in einer fiktiven Stadt spielen, die sich aber an realen Orten anlehnt. Mehr will ich jetzt noch nicht verraten. 

Außerdem möchte ich folgendes noch erwähnen: Ich bediene in dieser Geschichte bewusst vorhandene Klischees und Stereotypen, die ich in ironischer Weise darstelle. Im Laufe der Episoden wird da noch einiges Interessantes passieren…
 Und damit der Prolog mit Pre-Prolog nicht länger wird als die erste Kurzgeschichte, soll es das auch schon gewesen sein. Viel Spaß beim Lesen.


„Ich habe es gewusst. Ich habe es immer gewusst. Seit ich klein war, habe ich es eigentlich gewusst. Immer wenn ich in diese Läden gegangen bin und die mich so seltsam angelächelt haben. Da ist es mir im Unterbewusstsein aufgefallen. Nur nicht so ganz bewusst eben. Aber ich habe es unterbewusst gewusst.“

Jack drehte  die kleine Pappkarte zwischen seinem Zeigefinger und Mittelfinger hin und her. Einzelne Symbole waren darauf zu erkennen. Der Stempelsetzer war nicht sehr sorgfältig vorgegangen, denn die Tinte war an den Rändern verwischt und ließ die Formen nur noch erahnen. Sein Blick ging von der Karte empor und streifte den Stadtpark.  Grün, wohin das Auge reichte. Wunderbar zu dieser Jahreszeit, dachte er. Doch schon im nächsten Moment war er wieder in das Muster seiner Karte vertieft.

„Jetzt wirklich?“, fragte eine ungläubige Stimme neben ihm. 

„Im Ernst. Und jetzt wo ich es weiß,  geht es mir besser. Ehrlich. Ich sehe alles viel klarer. Plötzlich ergibt alles einen Sinn. Die Zusammenhänge treten hervor. Und es erklärt auch, wieso es Tage gibt, an denen du es nicht merken kannst und Tage, wo du dir denkst,  wie kann denn so etwas sein? Gestern zum Beispiel, du gehst in den Laden und die haben nichts? Lieferengpässe in unserem Zeitalter? Unmöglich!“

Sein Zuhörer runzelte die Stirn. Es war Jim,  Jacks bester Freund. Was ihn auszeichnete, so Jack,  war seine natürliche Skepsis gegenüber allen seltsamen, irrationalen, unerklärlichen, übernatürlichen und extraterrestrischen  Phänomenen. Ein pragmatischer Realist wie er im Buche steht. Genau  der Kerl, den Jack jetzt brauchte,  um wieder runterzukommen.  Jim saß neben ihm auf der hölzernen Bank im Park. Er beäugte das Bier in seiner rechten Hand,  als wäre es,  wie durch Zufall,  gerade aus dem Nichts erschienen.  Er nahm einen tiefen Schluck und begann, so rational wie möglich klingend, auf die Angst seines Freundes einzugehen:

„Okay, angenommen du hast Recht und deine Theorie stimmt. Wie würdest du  dann erklären, dass es so viele Verschiedene davon hier gibt? Ich meine,  ich brauche ja nicht zu erwähnen, da sind die drei in der Altstadt, die zwei an der Uni, der eine an der Brücke, vier im Zentrum und zwei in der Neustadt. Macht insgesamt Zwölf. Und du sagst, die hängen irgendwie zusammen? Komm schon Jack, die bilden nicht einmal eine Ladenkette!“
„Die hängen nicht nur zusammen, die stecken sogar teilweise unter einer Decke.  Außerdem hast du den Neuen am Markt vergessen. Es sind Dreizehn.“
Augenrollen von seinem Gegenüber. Jim konnte ihn nicht so recht ernst nehmen.
„Na gut, dann sind es eben Dreizehn. Ist doch egal.“
 „Nein,  ist es nämlich nicht. Die Machtverhältnisse sind nun aus den Fugen geraten und jetzt steht die halbe Stadt Kopf. Wir stehen kurz davor, richtig Ärger zu kriegen. Das wird nicht schön werden.“
„Wenn deine Theorie stimmt.“, ergänzte Jim.
„Wenn meine Theorie stimmt.“, erwiderte Jack.

Jack besah sich sein Mittagessen, das er in den Händen hielt. Plötzlich stellte er fest, dass  er keinen Hunger mehr hatte. Die Diskussion schlug ihm auf den Magen. Er legte seine Mahlzeit beiseite. Jim probierte derweil, dem Flaschenboden näherzukommen. Wie ein Tiefseetaucher kam er Zug um Zug voran, hielt nur eben kurz zum Luftholen an und sog dann wieder an seiner Flasche. Nur spendete diese keinen lebensrettenden Sauerstoff, sondern redseligen Gerstensaft. 

Wenn Jim schon hier sein musste, um seinen besten Freund zu beruhigen, dann brauchte er zumindest eine Menge Vitamin Bier. So schien es jedenfalls. Wie kann ein Mensch bloß so schnell trinken, fragte sich Jack. Fasziniert beobachtete er die Flasche vor seinen Augen. Langsam kam immer mehr Luft in das Gefäß.
 
Eine leichte Brise schlich durch den Stadtpark. Wenige Leute waren heute unterwegs. Ein Jogger kam  vorbei und erklomm den kleinen Hügel vor ihnen. Auf dem Gipfel angekommen, ruhten er sich schwer schnaufend aus, nur um gleich darauf wieder loszutraben. Schon waren sie wieder für sich.

Jack stellte fest, dass Jim scheinbar nicht weiter auf sein Problem eingehen wollte. Deshalb setzte er erneut an: „Ich sage dir, ohne Witz, die Dönerhändler haben sich zu Gangs zusammengeschlossen und bekriegen sich untereinander,  wie bei der Mafia. Die kennen keine Gnade, manipulieren den Markt, stehlen sich gegenseitig die Zutaten oder lassen Mitarbeiter so mir nix, dir nix, verschwinden. Ich bin gestern in den Club-Kebab-Laden in Neustadt  gegangen. Du weißt doch, mein Lieblingsladen, wo auch Adrian drin arbeitet. Hab mir nichts Böses gedacht und bestelle <<Einmal komplett zum Mitnehmen, bitte>>. Mir fällt auf, dass die Stimmung gedrückt ist, weiß nicht wieso. Ich frage, ob Adrian heute arbeitet.  Der Chef guckt mich entgeistert an und sagt, Adrian sei krank. Und dass es ihm leid tut, aber heute  ist kein Fleisch mehr da. Kannst du das glauben? Kein Fleisch in meinem Dönerladen! Kannst du das glauben?“
 
„Vielleicht Lieferengpässe?“, fragte  Jim, dessen leere Bierflasche sich mittlerweile zu dem Artgenossen neben der Bank gesellt hatte. Er nahm sich eine neue Flasche.

„Ich bin noch nicht fertig, pass auf. Also denke ich mir, du bist Student und hast keine Zeit zu verlieren, gehst du eben zu dem anderen Döner die Straße runter und versuchst da dein Glück. Das ist eine andere Kette dort. Dürum Paradise. Die mag ich nicht so, aber na gut. Also gehe ich in den Laden, zur Kasse vor und bestelle wie immer,  <<Einmal komplett zum Mitnehmen, bitte>>. Als ich so warte und warte und langsam hungrig werde, fällt mir plötzlich etwas auf. Vor dem Laden hat ein Lieferwagen gehalten. Ein muskelbepackter Türke steigt aus und  trägt einen Dönerspieß nach dem anderen herein. Zehn, elf Stück bestimmt. Geht so an mir vorbei und hinter seiner Sonnenbrille sehe ich, wie er mich fixiert. Dabei fällt mir das Etikett auf einem der Spieße auf.  Eine Krone mit einem dicken C war darauf, eindeutig das Zeichen von Club-Kebab. Ich sage dir, die Ware war gestohlen!“

„Sie haben Fleisch geklaut, Jack? Das ist es, was du mir sagen willst?“. Der spöttische Klang in Jims Stimme brachte ihn nur noch mehr in Fahrt. „Ich glaube, die haben gemerkt, dass ich es gemerkt habe, denn jetzt kommt der Knaller. Als ich dann endlich meinen Döner bekam, wollte ich so schnell wie möglich bezahlen und weg. Das Ganze war mir nämlich unheimlich. Also kramte ich mein Portmonee aus meiner Tasche und klappte es auf. Dann passierte es.“
 
Jack schaute Jim mit verschwörerischer Miene an und wartete, dass dieser eine Reaktion zeigte. Nichts geschah.

„Der Muskelbepackte kommt aus dem Lagerraum zurück und sieht meine Stempelkarte von King-Club-Kebab. Er kommt ganz dicht an mich ran und flüstert mir ins Ohr: <<Du kaufst sonst da? Junge, such‘ dir lieber einen anderen Laden, ich habe gehört, die machen es nicht mehr lange >>. Dann wirft er mir so einen unheimlich eindringlichen Blick zu, schlägt er mir auf die Schulter und haut ab. Boah, hab ich einen Schiss bekommen.“
Ein kurzer Moment des Schweigens.  Puh, was sollte Jim darauf erwidern? Er probierte es einfach mal.

„Jack, du weißt, ich bin dein bester Freund. Und als dein bester Freund ist es,  denk ich, meine Aufgabe, dir zu sagen, wenn du Schwachsinn redest. Und ich glaube, das tust du gerade und zwar so richtig.“.  Er klopfte Jack auf die Schulter. „Ich meine, schau dir unsere schöne Stadt doch mal an. Zwölf Dönerbuden.“
„Dreizehn, um genau zu sein.“
„Okay, dreizehn Dönerbuden. Und du willst mir weismachen, dass die sich beklauen und vielleicht  so was wie Gangs sind und Fehden austragen? Hör dir doch mal zu. Würdest du dir glauben?“ 

Beide saßen still auf der Parkbank. Jack war genervt, denn sein Freund schien ihm keine große Hilfe zu sein. Wieso hatte er ihn eigentlich hergeholt? Er konnte auch genauso gut aufstehen und gehen.
„Naja, belassen wir’s dabei.  Ich glaube, wir kommen da heute nicht weiter. Man sieht sich die Tage.“
Ein kurzer Handshake, das war es auch schon. Jack ging davon. Jim saß noch eine Weile auf der Bank und beobachtete die Vögel im Park, bis schließlich auch er aufstand und sich auf den Weg machte. Er hatte noch etwas vor. Man wartete bereits auf ihn.



Mehmed stand geduldig hinter seinem Tresen. Sein Laden „Dürum Paradise“ hatte bereits geschlossen, doch er war geblieben, um den einen Anruf abzuwarten. Gleich würde er Gewissheit haben.
Özgil kam derweil aus dem Lagerraum zurück und schob den Vorhang beiseite. Er hatte einen langen, scharfen Dönerspieß und etwas Schwarzes in der Hand. Es war ein Schleifstein. Er begann die Klinge zu schärfen.
„Kriegen wir Problem, Boss? Soll ich mich um Problem kümmern? Adrian verträgt Gesellschaft.“
„Hayir, nein, wir warten, was unser Freund zu sagen hat.“. Beide standen hinter dem Tresen und warteten. Nur das Geräusch ihres Atems durchzog die Stille. Ein paar Sekunden verstrichen.  Dann klingelte es. „You can’t touch this“ von MC Hammer schallte durch den Raum. Er ging an sein Handy.
 
„Merhaba Salim, wie steht‘ mit unser Problem? Weiß er zu viel?“. Die Stimme aus dem Handy sagte ihm, dass es keine Probleme mehr geben würde. Er sei davon überzeugt.
„Sehr gut, Salim. Dann machen weiter mit Geschäft wie üblich. Allaha ısmarladık!“. Mehmed legte auf. Er war zufrieden.
Aus dem Lagerraum ertönte ein dumpfes Röcheln, gefolgt von einem blechernden Klopfen.
„Özgil, kümmer dich um das Problem, mach, dass er aufhört.“. Özgil verschwand wieder im Lagerraum und kurz darauf trat die Stille wieder ein. Nun war alles in Ordnung, dachte Mehmed. Alles verlief nach Plan.