MVJstories

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Donnerstag, 13. Juni 2013

Jack's Welt - Episode I




Vorahnung


Von Mr. Big

Pre-Prolog

Herzlich Willkommen zur ersten Ausgabe von Jack‘s Welt. Bevor alle Rechtschreibexperten aufschreien, ich weiß, eigentlich gehört da kein Apostroph hinter Jack, da dies die englische Schreibweise ist und im Deutschen nicht vorkommt. Herr Mackowiak möge mir an dieser Stelle verzeihen, dass ich mich bewusst gegen sein Wissen (welches er mir in langen Wochenendseminaren vermittelt hat, das z.B. von solchen Einschüben abrät, die nichts sagen und von überlangen Satzkonstruktionen oder langen Wörtern oder Aneinanderreihungen) entscheide und es trotzdem so schreibe. „Jack’s Welt“ sieht halt einfach cooler aus als „Jacks Welt“. Und ich bin der Autor, also kann ich es künstlerische Freiheit nennen, bääm. Nun aber zum eigentlichen Kern dieses Prologs. 

Prolog

Nochmals: Herzlich Willkommen zu „Jack’s Welt“. Um kurz zu erklären, wieso ich mich entschieden habe, dass hier so aufzubauen und nicht anders, hier ein paar kurze Erläuterungen. Ich habe  „Jack“  ins Leben gerufen, um einige witzige Anekdoten wiedergeben zu können, die meinen Alltag bereichern. Das Ganze möchte ich hübsch verpackt in fiktiven Kurzgeschichten tun, die die Ideen weiterspinnen.
Aufgrund meines Vorhabens, eine angenehme Erzählstruktur  zu schaffen oder vielleicht sogar eine spätere längerfristige Hintergrundstory zu ermöglichen, habe bewusst keinen „Wegwerf-Protagonisten“ geschaffen, sondern eine etwas langlebigere Person.
Jack ist mir beim Schreiben irgendwie sehr sympathisch erschienen, sodass ich ihn behalten will. Die Geschichten werden in einer fiktiven Stadt spielen, die sich aber an realen Orten anlehnt. Mehr will ich jetzt noch nicht verraten. 

Außerdem möchte ich folgendes noch erwähnen: Ich bediene in dieser Geschichte bewusst vorhandene Klischees und Stereotypen, die ich in ironischer Weise darstelle. Im Laufe der Episoden wird da noch einiges Interessantes passieren…
 Und damit der Prolog mit Pre-Prolog nicht länger wird als die erste Kurzgeschichte, soll es das auch schon gewesen sein. Viel Spaß beim Lesen.


„Ich habe es gewusst. Ich habe es immer gewusst. Seit ich klein war, habe ich es eigentlich gewusst. Immer wenn ich in diese Läden gegangen bin und die mich so seltsam angelächelt haben. Da ist es mir im Unterbewusstsein aufgefallen. Nur nicht so ganz bewusst eben. Aber ich habe es unterbewusst gewusst.“

Jack drehte  die kleine Pappkarte zwischen seinem Zeigefinger und Mittelfinger hin und her. Einzelne Symbole waren darauf zu erkennen. Der Stempelsetzer war nicht sehr sorgfältig vorgegangen, denn die Tinte war an den Rändern verwischt und ließ die Formen nur noch erahnen. Sein Blick ging von der Karte empor und streifte den Stadtpark.  Grün, wohin das Auge reichte. Wunderbar zu dieser Jahreszeit, dachte er. Doch schon im nächsten Moment war er wieder in das Muster seiner Karte vertieft.

„Jetzt wirklich?“, fragte eine ungläubige Stimme neben ihm. 

„Im Ernst. Und jetzt wo ich es weiß,  geht es mir besser. Ehrlich. Ich sehe alles viel klarer. Plötzlich ergibt alles einen Sinn. Die Zusammenhänge treten hervor. Und es erklärt auch, wieso es Tage gibt, an denen du es nicht merken kannst und Tage, wo du dir denkst,  wie kann denn so etwas sein? Gestern zum Beispiel, du gehst in den Laden und die haben nichts? Lieferengpässe in unserem Zeitalter? Unmöglich!“

Sein Zuhörer runzelte die Stirn. Es war Jim,  Jacks bester Freund. Was ihn auszeichnete, so Jack,  war seine natürliche Skepsis gegenüber allen seltsamen, irrationalen, unerklärlichen, übernatürlichen und extraterrestrischen  Phänomenen. Ein pragmatischer Realist wie er im Buche steht. Genau  der Kerl, den Jack jetzt brauchte,  um wieder runterzukommen.  Jim saß neben ihm auf der hölzernen Bank im Park. Er beäugte das Bier in seiner rechten Hand,  als wäre es,  wie durch Zufall,  gerade aus dem Nichts erschienen.  Er nahm einen tiefen Schluck und begann, so rational wie möglich klingend, auf die Angst seines Freundes einzugehen:

„Okay, angenommen du hast Recht und deine Theorie stimmt. Wie würdest du  dann erklären, dass es so viele Verschiedene davon hier gibt? Ich meine,  ich brauche ja nicht zu erwähnen, da sind die drei in der Altstadt, die zwei an der Uni, der eine an der Brücke, vier im Zentrum und zwei in der Neustadt. Macht insgesamt Zwölf. Und du sagst, die hängen irgendwie zusammen? Komm schon Jack, die bilden nicht einmal eine Ladenkette!“
„Die hängen nicht nur zusammen, die stecken sogar teilweise unter einer Decke.  Außerdem hast du den Neuen am Markt vergessen. Es sind Dreizehn.“
Augenrollen von seinem Gegenüber. Jim konnte ihn nicht so recht ernst nehmen.
„Na gut, dann sind es eben Dreizehn. Ist doch egal.“
 „Nein,  ist es nämlich nicht. Die Machtverhältnisse sind nun aus den Fugen geraten und jetzt steht die halbe Stadt Kopf. Wir stehen kurz davor, richtig Ärger zu kriegen. Das wird nicht schön werden.“
„Wenn deine Theorie stimmt.“, ergänzte Jim.
„Wenn meine Theorie stimmt.“, erwiderte Jack.

Jack besah sich sein Mittagessen, das er in den Händen hielt. Plötzlich stellte er fest, dass  er keinen Hunger mehr hatte. Die Diskussion schlug ihm auf den Magen. Er legte seine Mahlzeit beiseite. Jim probierte derweil, dem Flaschenboden näherzukommen. Wie ein Tiefseetaucher kam er Zug um Zug voran, hielt nur eben kurz zum Luftholen an und sog dann wieder an seiner Flasche. Nur spendete diese keinen lebensrettenden Sauerstoff, sondern redseligen Gerstensaft. 

Wenn Jim schon hier sein musste, um seinen besten Freund zu beruhigen, dann brauchte er zumindest eine Menge Vitamin Bier. So schien es jedenfalls. Wie kann ein Mensch bloß so schnell trinken, fragte sich Jack. Fasziniert beobachtete er die Flasche vor seinen Augen. Langsam kam immer mehr Luft in das Gefäß.
 
Eine leichte Brise schlich durch den Stadtpark. Wenige Leute waren heute unterwegs. Ein Jogger kam  vorbei und erklomm den kleinen Hügel vor ihnen. Auf dem Gipfel angekommen, ruhten er sich schwer schnaufend aus, nur um gleich darauf wieder loszutraben. Schon waren sie wieder für sich.

Jack stellte fest, dass Jim scheinbar nicht weiter auf sein Problem eingehen wollte. Deshalb setzte er erneut an: „Ich sage dir, ohne Witz, die Dönerhändler haben sich zu Gangs zusammengeschlossen und bekriegen sich untereinander,  wie bei der Mafia. Die kennen keine Gnade, manipulieren den Markt, stehlen sich gegenseitig die Zutaten oder lassen Mitarbeiter so mir nix, dir nix, verschwinden. Ich bin gestern in den Club-Kebab-Laden in Neustadt  gegangen. Du weißt doch, mein Lieblingsladen, wo auch Adrian drin arbeitet. Hab mir nichts Böses gedacht und bestelle <<Einmal komplett zum Mitnehmen, bitte>>. Mir fällt auf, dass die Stimmung gedrückt ist, weiß nicht wieso. Ich frage, ob Adrian heute arbeitet.  Der Chef guckt mich entgeistert an und sagt, Adrian sei krank. Und dass es ihm leid tut, aber heute  ist kein Fleisch mehr da. Kannst du das glauben? Kein Fleisch in meinem Dönerladen! Kannst du das glauben?“
 
„Vielleicht Lieferengpässe?“, fragte  Jim, dessen leere Bierflasche sich mittlerweile zu dem Artgenossen neben der Bank gesellt hatte. Er nahm sich eine neue Flasche.

„Ich bin noch nicht fertig, pass auf. Also denke ich mir, du bist Student und hast keine Zeit zu verlieren, gehst du eben zu dem anderen Döner die Straße runter und versuchst da dein Glück. Das ist eine andere Kette dort. Dürum Paradise. Die mag ich nicht so, aber na gut. Also gehe ich in den Laden, zur Kasse vor und bestelle wie immer,  <<Einmal komplett zum Mitnehmen, bitte>>. Als ich so warte und warte und langsam hungrig werde, fällt mir plötzlich etwas auf. Vor dem Laden hat ein Lieferwagen gehalten. Ein muskelbepackter Türke steigt aus und  trägt einen Dönerspieß nach dem anderen herein. Zehn, elf Stück bestimmt. Geht so an mir vorbei und hinter seiner Sonnenbrille sehe ich, wie er mich fixiert. Dabei fällt mir das Etikett auf einem der Spieße auf.  Eine Krone mit einem dicken C war darauf, eindeutig das Zeichen von Club-Kebab. Ich sage dir, die Ware war gestohlen!“

„Sie haben Fleisch geklaut, Jack? Das ist es, was du mir sagen willst?“. Der spöttische Klang in Jims Stimme brachte ihn nur noch mehr in Fahrt. „Ich glaube, die haben gemerkt, dass ich es gemerkt habe, denn jetzt kommt der Knaller. Als ich dann endlich meinen Döner bekam, wollte ich so schnell wie möglich bezahlen und weg. Das Ganze war mir nämlich unheimlich. Also kramte ich mein Portmonee aus meiner Tasche und klappte es auf. Dann passierte es.“
 
Jack schaute Jim mit verschwörerischer Miene an und wartete, dass dieser eine Reaktion zeigte. Nichts geschah.

„Der Muskelbepackte kommt aus dem Lagerraum zurück und sieht meine Stempelkarte von King-Club-Kebab. Er kommt ganz dicht an mich ran und flüstert mir ins Ohr: <<Du kaufst sonst da? Junge, such‘ dir lieber einen anderen Laden, ich habe gehört, die machen es nicht mehr lange >>. Dann wirft er mir so einen unheimlich eindringlichen Blick zu, schlägt er mir auf die Schulter und haut ab. Boah, hab ich einen Schiss bekommen.“
Ein kurzer Moment des Schweigens.  Puh, was sollte Jim darauf erwidern? Er probierte es einfach mal.

„Jack, du weißt, ich bin dein bester Freund. Und als dein bester Freund ist es,  denk ich, meine Aufgabe, dir zu sagen, wenn du Schwachsinn redest. Und ich glaube, das tust du gerade und zwar so richtig.“.  Er klopfte Jack auf die Schulter. „Ich meine, schau dir unsere schöne Stadt doch mal an. Zwölf Dönerbuden.“
„Dreizehn, um genau zu sein.“
„Okay, dreizehn Dönerbuden. Und du willst mir weismachen, dass die sich beklauen und vielleicht  so was wie Gangs sind und Fehden austragen? Hör dir doch mal zu. Würdest du dir glauben?“ 

Beide saßen still auf der Parkbank. Jack war genervt, denn sein Freund schien ihm keine große Hilfe zu sein. Wieso hatte er ihn eigentlich hergeholt? Er konnte auch genauso gut aufstehen und gehen.
„Naja, belassen wir’s dabei.  Ich glaube, wir kommen da heute nicht weiter. Man sieht sich die Tage.“
Ein kurzer Handshake, das war es auch schon. Jack ging davon. Jim saß noch eine Weile auf der Bank und beobachtete die Vögel im Park, bis schließlich auch er aufstand und sich auf den Weg machte. Er hatte noch etwas vor. Man wartete bereits auf ihn.



Mehmed stand geduldig hinter seinem Tresen. Sein Laden „Dürum Paradise“ hatte bereits geschlossen, doch er war geblieben, um den einen Anruf abzuwarten. Gleich würde er Gewissheit haben.
Özgil kam derweil aus dem Lagerraum zurück und schob den Vorhang beiseite. Er hatte einen langen, scharfen Dönerspieß und etwas Schwarzes in der Hand. Es war ein Schleifstein. Er begann die Klinge zu schärfen.
„Kriegen wir Problem, Boss? Soll ich mich um Problem kümmern? Adrian verträgt Gesellschaft.“
„Hayir, nein, wir warten, was unser Freund zu sagen hat.“. Beide standen hinter dem Tresen und warteten. Nur das Geräusch ihres Atems durchzog die Stille. Ein paar Sekunden verstrichen.  Dann klingelte es. „You can’t touch this“ von MC Hammer schallte durch den Raum. Er ging an sein Handy.
 
„Merhaba Salim, wie steht‘ mit unser Problem? Weiß er zu viel?“. Die Stimme aus dem Handy sagte ihm, dass es keine Probleme mehr geben würde. Er sei davon überzeugt.
„Sehr gut, Salim. Dann machen weiter mit Geschäft wie üblich. Allaha ısmarladık!“. Mehmed legte auf. Er war zufrieden.
Aus dem Lagerraum ertönte ein dumpfes Röcheln, gefolgt von einem blechernden Klopfen.
„Özgil, kümmer dich um das Problem, mach, dass er aufhört.“. Özgil verschwand wieder im Lagerraum und kurz darauf trat die Stille wieder ein. Nun war alles in Ordnung, dachte Mehmed. Alles verlief nach Plan.

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