MVJstories

MVJstories ist ein Blog, auf dem eine kleine Gruppe junger Schriftsteller Auszüge aus ihren Werken veröffentlicht. Feedback ist ausdrücklich erwünscht. Und nun viel Spaß beim lesen!

Donnerstag, 20. September 2012

Was ich hier mache


Was ich hier mache?! Du willst wissen, was ich hier mache? Nun Gut. Wenn du es wirklich hören willst, erzähle ich es dir. Also:
Es fing alles ganz harmlos an. Ich war auf dem Weg zu meinem Praktikum. Wie eigentlich jeden Tag außer mittwochs, jede zweite Woche donnerstags sowie Ferien und Feiertagen. Also ich war auf dem Weg. Ich bin extra pünktlich los gegangen um meine Bahn noch zu erwischen und habe auch eine Bahn früher genommen, weil ich immer noch nicht weiß wie meine Anschlussbahn fährt. Um dies zu schaffen bin ich extra zeitig aufgestanden. Das bedeutedt10 Minuten früher aber das ist auch schon die Zeit für eine Tasse Kaffee. Somit hatte ich genug Zeit zu frühstücken musste allerdings nach einem Blick in den Kühlschrank feststellen, dass nicht viel zu frühstücken da war. Also habe ich einfach einen Holundertee getrunken da ich es geschafft habe mich auch bei diesen Temperaturen zu erkälten. Allerdings bin ich nicht der einzige denn aus meiner Schulklasse haben am gestrigen Mittwoch ein paar Leute gefehlt die scheinbar ebenfalls eine Erkältung haben oder hatten. Nun also… ähm… ich habe kein Frühstück gegessen sondern Tee getrunken und gewartet bis es Zeit war los zu gehen. Es heißt ja so schön: Abwarten und Tee trinken.
Als es Zeit war los zu gehen, bin ich los gegangen und habe meine Bahn auch bekommen. Ich bin eingestiegen und habe mir einen Fahrschein gekauft. Da ich eine Haltestelle später wieder aussteigen musste, habe ich mich nicht hingesetzt. An der wie gesagt nächsten Haltestelle bin ich ausgestiegen und sah von der Ampel aus komme wie meine Bahn davon fuhr. Am Fahrplan las ich, dass ich Zehn Minuten warten musste daher beschloss ich, mir in einem nahegelegenen Bäcker etwas zum Frühstück zu kaufen. Neben einem Belegten Brötchen und einer Bretzel, nahm ich noch einen Kaffee. Dann stand ich ewig in der Schlange. Es war wirklich ewig. Zumindest acht Minuten denn als ich aus dem Bäcker kam, konnte ich beobachten, wie meine Bahn erneut weg fuhr. Ich bin übrigens davon ausgegangen, dass ich für den Blick auf den Fahrplan, dem Weg zum Bäcker und der Wahl meines Einkaufs, zwei Minuten dauerte.
Also meine Bahn ist weggefahren und nun stand ich da. Als ich dann meinen Blick von der, in der Ferne verschwindende Straßenbahn abwandte und zurück zur Haltestelle Blickte, sah ich gerade wie eine Alternativbahn gerade ankam welche zwar einen Umweg von vier Minuten fuhr aber selbst das war besser als Zehn Minuten zu warten und am Ende zu spät zu kommen. Ich rannte also los als würde es um mein Leben gehen. Dabei verschüttete ich circa die Hälfte meines Kaffees, trat einem Penner in den Magen, schmiss einen Straßenmusiker um, schubste einen Alten Opa vor eine Straßenbahn, und zerrte beim eisteigen immer noch voll in rage einen anderen gerade einsteigenden Fahrgast aus der Bahn und schleuderte ihn gegen ein Haltestellenschild. Da ich nun etwas länger zu fahren hatte genau gesagt fünfzehn Minuten, du erinnerst dich daran dass die Bahn einen vier minütigen Umweg fuhr, setzte ich mich hin. Ich trank noch ein bisschen Kaffee, packte mein belegtes Brötchen aus und dann kamst du und fragtest mich was ich hier mache… Zufrieden?... Ja?... Gut! Ich muss raus.

20.09.12
Victor Ian Clockwork 

Sonntag, 2. September 2012

Aus dem Tagebuch Clockworks - Die Dienerin teil 2



Als
Vivian zu sich kam, sah sie nichts. Sie musste erst begreifen, dass ihre Augen geschlossen waren und ihre Augenlieder somit das Licht abschirmten. Diese Gedankengänge kamen ihr selbstverständlich nicht exakt so wie ich es hier beschrieben habe. Dafür waren ihre Gedankengänge noch viel zu wirr und für sie selbst nicht steuerbar.
Als sie soweit wieder bei sich war, dass sie wieder in der Lage war ihre Körperteile zu bewegen und sie beschloss, sich hinzusetzen, musste sie feststellen, dass sie bereits saß. Ihre Beine an den Boden, und ihre Arme an die Wand gekettet. Nur langsam wurde ihr bewusst, dass James hinter ihren wirklichen Grund für ihr erscheinen gekommen war. Doch dass Jerome sie mit dem Leben ihrer Familie erpresst hatte, wusste er nicht. Sollte er wirklich ein so großes Herz haben, würde er dies vielleicht verstehen. Sie musste ihm sagen was ihr echtes Motiv war und ihn dazu bewegen, sie gehen zu lassen. Wenn sie Glück hatte, würde er auch ihrer Familie helfen. Dann könnte sie ihre Mutter, ihre kleine Schwester und ihren kleinen Bruder endlich wieder in den Armen halten. Ihre Schwester war doch erst vier und ihr Bruder gerade mal 12. Und ihre Mutter… sie war schwer krank. Umso länger sie nachdachte, umso mehr, kam ihr die Vermutung, der gutmütige Sir James von Grünlanden, würde sie hier verrotten lassen. Sie wusste ja nicht einmal wie lang sie dort schon saß. Vivian bekam Panik. Was wenn James in Wirklichkeit ein kaltblütiger Mörder war. Immerhin, hatte er ja scheinbar kein Problem damit gehabt, sie zu vergiften, in einen dunklen Raum zu befördern, welcher vermutlich ein Keller oder ähnliches war und sie anzuketten. Wenn ein Mensch dauerhaft der Dunkelheit ausgesetzt ist und noch dazu nicht in der Lage ist sich zu bewegen, wird er schnell mal verrückt. Vivian‘ s Augen hatten sich in der Zwischenzeit an die Dunkelheit gewöhnt. Doch dies machte es nur schlimmer denn nun konnte sie Dinge erkennen, die sie nicht sehen wollte. Dabei waren Ratten und Spinnen noch das geringste Übel auch wenn sie dadurch das Gefühl bekam irgendetwas würde an ihr herumkrabbeln. Und dies ist schon unglaublich furchtbar, wenn man sich nicht bewegen kann.
Mich interessierte damals keineswegs was James mit seinen Feinden machte. Und das war sie. Eine Feindin. Auch wenn sie wohl erhoffte von James frei gelassen zu werden so war sie doch für alles selbst verantwortlich.
Drei Tage ließ James sie dort unten liegen. Er hatte zuvor bereits ein Brot und einen Kanister Wasser bereitgestellt. Doch dies half ihr nur, falz sie herankam. Sonst war es nur zusätzliche Quälerei. Und es reichte aus Ihr ganz und gar verrückt werden zu lassen. Ich muss ehrlich sagen, ich hatte schon weitaus Willensstärkere Menschen gesehen. Welche, die das Essen, währen sie ran gekommen in den Boden gestampft hätten und wenn James dann endlich kam nicht zu Betteln dass er sie frei ließe. Es gab Leute, so erzählte mir James, welche einen Monat ohne zu essen, zu trinken und ganz und gar ohne zu sprechen ausgehalten hatten. Dann sind sie allerdings verreckt. Nun muss man allerdings auch berücksichtigen, dass diese Menschen im tiefsten Inneren einen Hass gegen James schürten. Miss Vivian hingegen arbeitete auf Befehl und unfreiwillig. Doch James behandelte alle gleich. Er wollte jedem eine zweite Chance geben. Vermutlich auch weil er nicht genug Leute hatte die ihn unterstützten. Er brauchte allerdings geschickte Spione, Assassinen, Auftragskiller, Kämpfer und so weiter. Was er nicht brauchte, war eine kaum 20 Jahre alte Göre, die nicht einmal selbst entscheiden konnte, gegen wen sie war. James wollte keine Frau er hatte schon einmal eine verloren. Und das war wohl der härteste Schlag, den er je abbekommen hatte. Ein Schlag, der noch heute Narben zeigte. Man musste ihm lediglich in sein Gesicht schauen. In seinen Augen stand Schmerz. Was mich anging, ich hatte meine Begeisterung für Frauen irgendwann verloren. Vermutlich weil sie nie begeistert von mir waren. Sie wollten einen reichen, schönen und vor allem sauberen Mann. Und keinen verdreckten armen Abenteurer. Wenn ich mich einmal wusch, dann unter freiem Himmel wenn es regnete und ich versuchte meine einzige Liebe durch den Sturm zu Manövrieren. Doch ich schweife gerade ab.
Wie bereits gesagt, saß Vivian drei Tage in dem Keller ohne dass James auch nur an sie dachte. Er wollte sich sein Leben nicht unnötig verderben weil er sich um irgendeine Gefangene kümmern musste. Auch sein Gewissen hatte er mit der Zeit gelernt auszuschalten. Und dieses blieb erst einmal aus während er zu Vivian herunter ging.
„Guten Morgen Miss Vivian.“ Sagte er
„Guten Morgen?“
„Ja es ist 09:00 Uhr früh.“
„Man verliert schnell sein Zeitgefühl, wenn man einfach nur gefangen ist.“
„Ich versichere ihnen Miss Vivian, es war genug Zeit darüber nachzudenken warum sie Gefangen sind.“
„Ich habe nichts verbrochen. Sie haben mir ja nicht mal die Chance gegeben.“
„Ach kommen sie. Währe es andersrum gewesen und sie hätten mich vor etwas beschützen wollen, währen aber zu spät gewesen weil ich bereits tot oder schon gewarnt gewesen währe, dann…  ja dann hätten sie gesagt: Es ist der Wille der zählt. Und so ist es! Es ist der Wille der zählt!“
„Vielleicht war ich aber gar nicht bösen willens hier, sondern aus Verzweiflung.“
„Sind sie dann wirklich besser als ich? Sie bringen mich aufgrund von ihren persönlichen Problemen in Gefahr. Ich nehme sie für meine persönliche Sicherheit gefangen.“
Vivian sagte nichts. Sie sah zu Boden. James sah ihr in die Augen. Dies machte die meisten Leute endgültig verrückt. Dieser starre Blick welcher nur auf sie gerichtet war und auf keinen anderen.
Nach einer Weile, lockerte James seinen Blick und sagte: „Sie arbeiten also für Lord Jerome.“
Vivian sagte nichts und starrte weiter den Boden an.
„Womit hat er sie erpresst?“
Vivian erschrak und sah James kurzzeitig überrascht in die Augen. Dann sah sie wieder zu Boden. Diesmal aber betroffen: „Er hat meine Familie gefangen genommen.“
„Und sie sollten besondere Informationen über mich herausfinden um ihre Familie zu retten.“
„Ganz genau so.“
„Glauben sie mir, wenn ich sage, dass er dadurch bestenfalls euch verschont hätte. Lord Jerome ist nicht gerade jemand der sich an Abmachungen hält.“
Vivian schwieg. Nach einer Weile des Schweigens, sagte James: „Ich werde ihre Familie da rausholen. Sie bleiben allerdings vorerst noch hier.“
Dann wandte er sich um zu Henry welcher die ganze Zeit hinter ihm gestanden hatte: „Mach ihre Arme Los, damit sie etwas essen und trinken kann.“
Henry nickte und schloss die Handschellen auf. Vivian rieb sich die Handgelenke und guckte Henry grimmig an. Sie machte auch keine Anstalten sich auf das Essen zu stürzen. Doch sowohl Henry als auch James wussten, dass es lediglich ihr Stolz war der nicht essen wollte während ihre Gastgeber noch im Raum waren. So wie sie oben waren und die Tür hinter sich schlossen, würde sie anfangen zu essen.

Als James wieder in seinem Haus war, wandte er sich an mich. Ich hatte ihn bisher lediglich manchmal kurz gesehen. Er hatte mir ein Zimmer zu Recht machen lassen, mir noch einmal deutlich gemacht, dass ich mich wie zu Hause fühlen sollte und sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Er arbeitete da, aß da, schlief da und ich hatte keine Ahnung was er tat, wenn er einmal auf Toilette musste.
Doch nach drei Tagen, wandte er sich an mich. Nicht etwa mit Worten wie: So mein Freund jetzt lass uns mal deinen Besuch feiern. Nein! Er begrüßte mich mit: „Victor, ich habe einen Auftrag, bei dem du mir bitte behilflich sein solltest.“
„Worum geht es denn?“ fragte ich „Du weißt ich mach hier so zusagen Urlaub.“
„In diesem Haus ist Urlaub nicht sicher mein Freund.“
„Na gut was soll ich über wen herausfinden?“
„Du sollst nichts herausfinden. Du müsstest bitte die Familie von Miss Vivian aus der Gefangenschaft holen und mit Lord Jerome… naja mach mit ihm was du willst. Du hast ja deine Methoden.“
„Das ist Wahnsinn! Du weißt wie es endet, wenn ich jemanden befreien soll oder beschützen soll. Alles was sie bekommen, ist ein schmerzloser Tod!“
„Du musst lediglich ihre Zelle öffnen und sagen: Jetzt seid ihr auf euch allein gestellt!
„Und wo ist die Zelle?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht auf Lord Jeromes Anwesen?“
„Ich tue mein bestes. Ich mach mich Morgen Nacht auf den Weg.“
Ich stand auf und ging. Nicht auf mein Zimmer. Nein ich ging zu meinem Luftschiff. Das heißt ich ging dahin wo ich wusste, dass mein Luftschiff war denn es befand sich über den Wolken. Dort angekommen, rief ich: „Me is Seal!“
Zurück kam die Antwort: „Wel Saal le me Ed!“ und kurz darauf fiel ein Seil vom Himmel. Ich hielt mich fest, zog einmal kräftig daran und das Seil wurde inklusive mir in das Schiff hineingezogen. Dieser kleine Wortwechsel, bedeutete eigentlich nichts anderes als: Ich bin frei! und Lass Sonne in mein Herz! Es erscheint zwar sinnlos doch so begrüßen sich die Luftbewohner wenn sie sich mal begegnen. Die Worte sind aus der alten Sprache der Alchemisten und beruhen auf einer kleinen Anekdote in welcher ein Alchemist versuchte sein Herz mit einer Eisenschicht zu umhüllen um sich vor Gefühlen zu schützen und um nicht mehr verletzt werden zu können. Tatsächlich fand er dann auch eine Möglichkeit dies zu schaffen und als er sein Herz in Eisen eingeschlossen hatte und merkte dass es Funktionierte, rannte er auf die Straße und brüllte in der Sprache der Alchemisten: „Ich bin frei!“ Doch nach und nach, breitete sich eine Art Kälte in ihm aus. Er merkte was es bedeutete nicht mehr fühlen zu können. Er lernte ein Mädchen kennen und konnte sie nicht lieben! Er konnte nicht weinen, als sein Vater starb! Er verlor sämtliche Begeisterung für sein Handwerk. Aufgrund dieser Tatsache, war er auch nicht in der Lage das Eisen wieder zu entfernen. Er verzweifelte und aus dieser Verzweiflung heraus, brüllte er: „Lass Sonne in mein Herz!“
Zuletzt, war er so verzweifelt, dass er sich eigenhändig sein Herz entfernte. Weiter ist nichts von diesem Mann bekannt.
Auch das Luftvolk entsagte vielem und dies machte sich auch gelegentlich bemerkbar. Dieser kleine Dialog, bedeutet, dass Freiheit seinen Preis hat. Von uns spricht niemand die Sprache der Alchemisten sondern jeder seine eigene. Überhaupt findet man in der Luft nicht viele Alchemisten, da diese auf Ingredienzien angewiesen sind. Und die wenigsten wachsen in der Luft. Obwohl es heißt, ein guter Alchemist bräuchte nichts für einen Trank. Doch dafür muss man wahrscheinlich schon sehr gut sein.

Auf dem Luftschiff angekommen, schauten mich erst einmal viele hoffnungsvolle Gesichter an. Ich versammelte all diese Gesichter um mich und sagte: „Dieser Aufenthalt wird doch etwas länger.“ Enttäuschung machte sich breit „Ich gebe euch voraussichtlich eine Woche Urlaub. Den könnt ihr verbringen wie immer ihr wollt.“ Die Gesichter erhellten sich. Einige packten alles von Wert ein was sie persönlich besaßen, und verließen das Schiff. Ich ging in die Waffenkammer und begann mir herauszusuchen was ich benötigte. Was ich benötigte, waren Rauchbomben, kleinere Brandbomben, eine Schusswaffe und ein Messer. Letzteres hatte ich allerdings immer bei mir. Rauch- und Brandbomben fanden sich schnell wir hatten immer welche auf Reserve und jeder bei uns konnte so etwas Basteln. Nun die Tatsache, dass die Crew drei Tage nichts zu tun hatte und allgemeine Langeweile herrschte, bedeutete dass Bomben gebaut wurden, Waffen gesäubert und Kugeln gegossen. Ich hatte eine tolle Crew.
Die Wahl einer anständigen Schusswaffe war immer schwer. Sie musste klein aber effektiv sein. Meist entschied ich mich für einen einfachen  Revolver. Eher klein als effektiv.
Als ich grade wieder nach dem Revolver greife, tippt mir jemand auf die Schulter: „Das wird nicht gut gehen Clockwork.“ Sagt Leon zu mir.
„Was wird nicht gut gehen?“ frag ich
„Der Auftrag von James. Ich hab ein böses Gefühl dabei als würde diese Geschichte schwere Zeiten für uns bedeuten.“
„Ich werde es überleben!“ sag ich mit Nachdruck
„Wenn du darauf bestehst. Aber es bedeutet Schwierigkeiten das verspreche ich und ich werde dir folgen.“
„Meinetwegen. Zu zweit ist immer sicherer. Also bitte, Wir gehen Morgen Abend los.“

Samstag, 1. September 2012

Schöpfung

von Sir John

Jemand ist allein. Er sitzt allein auf einer Kugel, die sich durch den Raum bewegt. Gesellschaft hat er nie gekannt, nie gab es ein anderes Wesen außer ihm, aber dennoch spürt er, dass ihm etwas fehlt. Eine Leere herrscht in seinem Inneren und erfüllt ihn mit Unruhe. Jemand kennt das Gefühl noch nicht, aber wenn er mit jemandem von uns sprechen könnte, würde dieser ihm sagen, dass es sich um Langeweile handelt.
Ja, Jemandem ist langweilig. Schon seit langer Zeit ist er mit seiner Kugel unterwegs, solange er zurückdenken kann. Andererseits auch kurz, da ihm jeder Anhaltspunkt fehlt, um die Zeit zu messen. Keine Tage und Nächte, keine Tätigkeit, nach deren Fortschreiten man die Zeit hätte festlegen können, nur eine endlose Abfolge, nein, ein Strom der Existenz.

Jemand hat Zeit. Er verändert sich nicht, nichts verändert sich. Er kommt ins grübeln, denkt über alles mögliche nach, über alles jedenfalls, was aus seiner Position heraus erfassbar ist und erkennt schließlich, dass der einzige Weg aus seiner Langeweile ist, selbst etwas zu verändern. Für Jemanden, dem das Prinzip der Veränderung nicht bekannt ist, ist dies eine außergewöhnliche Erkenntnis.
Zwei Möglichkeiten fallen ihm ein, wie er etwas verändern könnte. Erschaffen oder zerstören. Die Entscheidung fällt ihm nicht schwer. Nicht, weil er das Zerstören als moralisch verwerflich betrachtete, Moral ist ihm noch fremd, noch hatte niemand die Möglichkeit, sie zu entwickeln, sondern aus dem einfachen Grund, dass das Erschaffen seiner Existenz für eine längere Zeit einen Inhalt zu geben verspricht. Nach Zerstörung seiner Kugel bliebe ihm nur noch die Zerstörung seiner selbst, mehr Material war nicht vorhanden. Erschaffen kann er ohne Grenzen.
So macht sich Jemand ans Erschaffen. Natürlich hat er nicht die geringste Vorstellung, wie das geht, aber er hat auch keine Vorstellung, was nicht geht. So formt er aus nichts etwas Neues ohne um die Unmöglichkeit dieses Vorgehens zu wissen.
Form und Eigenschaften seines Werks sind seiner Kugel nachempfunden. Eine andere Vorstellung von Existenz hat er ja auch noch nicht, da er sich selbst nicht als Ganzes wahrnehmen kann. Er baut also eine weitere Kugel und als er mit der fertig ist noch eine. Seine Zeit ist nun mit Beschäftigung erfüllt, sein Problem gelöst. Wenn ihm von der Eintönigkeit seiner Arbeit langweilig zu werden droht beschäftigt er sich eine Zeit lang damit, seine einzelnen Werke in Beziehung zueinander zu setzen, sie zu gruppieren und mit Gesetzen und Kräften auszustatten, die an ihnen ziehen.
Nun dauert es zwar lang, bis Jemand eine neue Kugel fertiggestellt hat, da jedoch die Zeit, die ihm dafür zur Verfügung steht unendlich ist, hat er mit der Zeit eine unüberschaubare Masse von Kugeln gefertigt, die den Raum um ihn herum bevölkern. Diese Kugeln beginnen, ein gewisses Eigenleben zu führen. Innerhalb der Gesetze, die Jemand ihnen gegeben hat, gruppieren sich die Kugeln. Sie kreisen umeinander, verbinden sich zu starren Formationen und bilden dadurch ganz neue Gebilde, die wiederum miteinander reagieren und verschmelzen und schließlich, nach einer sehr langen, wenn auch noch nicht in Jahren gemessenen Zeit, bilden sie im Großen ab, was im Kleinen schon existiert. Umeinander kreisende Kugeln.
Als Jemand dies sieht, ist er sehr beeindruckt. Die neuen Formen, die Ordnung im Chaos, all das fasziniert ihn ungemein. Er sieht, wie viel anderes man noch erschaffen kann, viel mehr als immer nur Kugeln. Wie viel anderes man aus seinen Kugeln schaffen kann.
Jemand fängt wieder an zu grübeln. Er hat all dies erfunden und gefügt, er war es, der die Idee hatte, aus der all dies entstand, die Idee, etwas zu bauen. Wenn nun aber all diese Dinge es geschafft hatten, ohne Plan und Ziel eine Ordnung, ein System zu bauen sollte es ihm doch möglich sein, viel großartigere Dinge in die Welt zu setzen. Nur: Was kann das sein? Es muss anders sein als alles, was er bisher geschaffen hat, anders als all das, was sich auch ohne seine Kontrolle zu bewegen versteht.
Versteht? Stellt das wirklich eine Form von Verstand dar? Oder hat der Zufall all dies geordnet? Was unterscheidet ihn selbst eigentlich von seinen Werken? Lange denkt er über diese Fragen nach. Schließlich kommt Jemand auf folgende Lösung. Der wichtigste Unterschied zwischen ihm und seinen Geschöpfen ist der, dass er selbst Dinge erschaffen kann. Seine Kugeln können sich innerhalb der von ihm geschaffenen Grenzen so bewegen, wie es der Zufall gebietet, aber sie handeln nicht aus eigenem Antrieb.
Das, so erkennt er, ist auch die Antwort auf seine Frage, was er noch bauen könne. Ein Wesen, dass wie er ist, das aus eigenem Antrieb handelt und Dinge erschafft. Welches Geschöpf könnte seinem Schöpfer mehr Ehre machen?
Sofort macht er sich ans Werk. Er beschließt, seine Lebewesen erheblich größer zu machen, als sich selbst. Die Tauglichkeit seiner Kugeln als Baumaterial hat er ja schon hinreichend bewundern dürfen, als sie sich von selbst zusammenfanden. Wenn er sie jedoch verwenden will bringt das automatisch mit sich, dass das Endprodukt größer sein muss als seine ersten Schöpfungen und damit als er selbst.
Zuerst denkt er sich komplizierte Systeme aus, mithilfe derer die Wesen ihr Überleben auf einer der großen Kugeln sichern sollen. Er entwickelt die Idee der Energiegewinnung durch Nahrungsaufnahme und passt ihre Körper, die er zunächst ohne feste Form lässt, den Bedingungen in einem Element auf einer der Riesenkugeln an, die ihm passend erscheint. Seine ersten Versuche sind in der Lage, sich zu bewegen, manche sogar zielgerichtet, aber das geht ihm noch zu langsam. Er experimentiert und experimentiert, entwirft immer neue Möglichkeiten, bis er auf die Idee kommt, seinen neusten Kreationen feste Körper mitzugeben, deren Körperteile bestimmte Zwecke erfüllen. Diese bewegen sich schon wesentlich zielstrebiger durch das Wasser, aber Jemand ist noch nicht zufrieden.
Auf seinen Prototypen aufbauend entwickelt Jemand immer größere, kompliziertere und intelligentere Wesen. Noch immer ist aber keins dabei, das selbst Anstalten gemacht hätte, kreativ zu werden. Viele der Wesen entwickeln sich auch von sich aus weiter, neue Arten entstehen, andere sterben aus. Mit dieser Wendung hat Jemand nicht gerechnet. Er merkt, dass er keine absolute Gewalt über die Entwicklung seines Experiments hat und das ist ihm unheimlich.
Eben diese Wendung bringt ihn allerdings seinem Ziel ein großes Stück näher. Einige Wesen haben nämlich mit der Zeit das Element verlassen, in das Jemand seine Kreationen bisher gesetzt hat, und erklimmen die bis daher unbewohnten Regionen. Sie atmen das Gasgemisch, das die Kugel umgibt. Jemand hat ihnen bisher nicht mehr als die durchschnittliche Aufmerksamkeit geschenkt, aber nun fallen sie ihm doch ins Auge.
Er hat nämlich eine Art entdeckt, die beginnt, Werkzeuge zu benutzen, eine vierhändige haarbewachsene Art. Sicher, Werkzeuge haben auch andere Landbewohner schon benutzt, auch Luftbewohner, wie Jemand sich erinnert, aber diese Tiere haben etwas besonderes an sich. Anders als irgendein Vogel haben sie nämlich Hände, mit denen sie zwei Dinge greifen und miteinander benutzen können. Sie beschäftigen sich miteinander, denken sich für Probleme Lösungsstrategien aus... Jemand ist ganz aus dem Häuschen. Sicher, er ist noch nicht am Ziel, aber hier gibt es einen Ansatzpunkt!
Zuerst einmal vertreibt er größere Mengen seiner auserwählten Spezies aus den Bäumen, in denen sie bis dahin hausten. Er bringt sie dazu, auf zwei ihrer vier Extremitäten einherzuschreiten, damit sie die anderen beiden für das Erschaffen frei haben, für das er sie ja entwickeln will. Dann teilt er sie in verschiedene Gruppen, die er in verschiedenen Gegenden der Erde, wie er die Riesenkugel nennt, ansiedelt.
Jetzt fängt er an, die verschiedenen Gruppen verschieden weiterzuentwickeln und ihnen dann Aufgaben zu stellen. Hitze, Kälte, Nahrungsmangel, Hindernisse, alles, was ihm so einfällt. Manche seiner Gruppen halten es länger durch, andere weniger lang, nach und nach sterben sie aus. Schließlich bleibt nur noch eine Art übrig und Jemand beschließt, mit dieser Art weiterzuarbeiten, da sie die kreativsten und schlausten sein müssen, wenn sie es als einzige bis hier geschafft haben. Vorerst betrachtet er seine Schöpfung jedoch noch etwas. Er will herausfinden, wie weit er schon gekommen ist.

Jemand ist enttäuscht. Er hat so große Hoffnungen in seine neue Art gesteckt, glaubte sich schon am Ziel seiner Träume, als er sah, wie sich die zweibeinigen Wesen immer neue Werkzeuge ausdachten, um sich das Leben zu erleichtern und schließlich anfingen, Gebäude zu errichten, aber diese Hoffnung muss er nun endgültig begraben.
Dabei hat er sich alle Mühe gegeben, diese Narren auf dem Weg in die falsche Richtung aufzuhalten. Mehrfach hatte er vor ihren Augen Dinge erschaffen, die sie glauben machten, er sei allmächtig (was ja auch irgendwie seine Berechtigung hatte), hatte Feuer entzündet, Wasser fallen lassen und ihnen immer wieder den richtigen, von ihm geplanten Weg gezeigt, doch die Menschen, wie sie sich selbst getauft hatten (wer gab ihnen das Recht dazu, sich ihren Namen selbst zu suchen?), waren unverbesserlich.
Nicht, dass sie nichts gebaut hätten. In der kurzen Zeit ihrer Existenz hatten sie die Erde mit zahllosen Zeugnissen ihrer Existenz überzogen und in so unvorstellbarer Geschwindigkeit Dinge errichtet, dass Jemandem, der ein gemächlicheres Arbeitstempo gewohnt war, fast schlecht davon wurde. Was ihre Produktivität betraf hätte Jemand also zufrieden sein können. Sein Problem war, dass sie all das mit ihrer Destruktivität ausglichen.
Die Menschen waren zwar voller Ideen, was sie noch bauen könnten, zerstörten aber mit jedem neuen Bauwerk ein altes. Manchmal waren es menschgemachte Gebäude, entbehrlich also, wenn es auch schade um die kreative Energie war, die einmal hineingesteckt worden war. Immer häufiger wurden aber inzwischen auch Jemandes Werke zerstört, seine Lebewesen ausgerottet, seine Schöpfung mit Füßen getreten.
Nein, das ist nicht die Spezies, die er erschaffen wollte. Ihm fällt aber auch keine Möglichkeit ein, die Menschen noch in seinem Sinne weiterzuentwickeln. Dazu ist es wahrscheinlich längst zu spät. Vielleicht war er aber auch von vornherein auf dem falschen Weg.
Jemand seufzt und wendet sich ab. Er hat noch so viele andere Kugeln, auf denen er einen neuen Versuch starten kann. Zeit genug hat er ja.
Zeit?
Jemand lacht. Er hat die Ewigkeit!