Als
die Sonne hoch am Himmel stand und er schätzte, dass es bald Mittag
sein musste – eine Armbanduhr hatte er nicht und sein Handy lag in
Einzelteilen irgendwo unter dem Schnee vor der Hütte – beschloss
Aaron, eine längere Rast einzulegen. Er war erschöpft und hatte
durch die Anstrengungen des Vormittags ordentlich Hunger bekommen.
Mit den Füßen trampelte er sich den Schnee zu einem kleinen Platz
zurecht, auf dem er nicht bei jedem Schritt einsank. Dann legte er
den Rucksack ab und machte ein paar wohltuend unbehinderte Schritte,
bevor er die Plane und eine der Decken aus dem Gepäck zerrte,
erstere zuunterst legte, um dann die Decke auf die Plane und zuletzt
sich selbst auf die Decke fallen zu lassen. Erschöpft lehnte er sich
gegen den Rucksack und sah in den Himmel. Strahlendes Blau breitete
sich über ihm aus. Nicht ein kleines Wölkchen war zu erblicken.
Aaron seufzte laut. Es klang komisch, dieser menschliche Laut mitten
in der Stille, die sich um ihn breitete. Irgendwie fremd und
unpassend. Noch einmal seufzte er, dieses Mal nicht aus Erschöpfung,
sondern, um genauer hören zu können, was ihm an dem Geräusch
gerade so komisch vorgekommen war. Einen Moment später fühlte er
sich albern und war inmitten der gefährlichen Lage doch froh, dass
keiner diese Szene hatte beobachten können.
Ein
wenig ärgerlich über sich selbst kramte er im Rucksack und zog
schließlich etwas Trockenfleisch hervor, auf dem er lustlos zu kauen
begann. Zwischendurch trank er immer wieder aus einer Wasserflasche,
die er am Abend mit geschmolzenem Schnee nachzufüllen gedachte. Er
überlegte. Wenn er es bis zum Wald schaffen sollte, konnte er sich
vielleicht aus ein paar Ästen einen Schlitten bauen. Ob das Ziehen
seines Gepäcks leichter sein würde, als das Tragen desselben, war
ihm nicht ganz klar, aber er hielt es für möglich. Weit schlimmer
war allerdings, dass er selbst immer so tief einsank. Ein großer
Teil seiner Kraft ging dafür drauf, immer wieder die Füße aus dem
tiefen Schnee zu ziehen und sich, an den noch tieferen Stellen, eine
regelrechte Schneise durch die weißen Massen zu bahnen. Gab es
dagegen nicht ein Mittel?
Einen
Flammenwerfer, dachte er kurz und grinste spöttisch in sich hinein.
So ein großes Ding, mit dem man den Schnee einfach weitflächig
wegschmelzen konnte. Aber wenn er schon dabei war, sich unmögliche
Dinge zu wünschen, dann könnte er auch gleich ein Schneemobil
verlangen.
Und
eine Karte.
Aaron
seufzte. Eine Karte, auf der die Hütte eingezeichnet war, ebenso wie
die nächste Ortschaft. Zusammen mit dem Kompass, den er ja besaß,
wäre eine solche Karte wahrscheinlich sogar wertvoller als das
Schneemobil. Und bei Weitem wertvoller als der blöde Flammenwerfer.
Fast musste er lachen, als er wieder an diesen irrsinnigen Wunsch
dachte. Nun gut, er war ja auch nicht so ganz ernst gemeint gewesen.
In
diesem Moment kam ihm ein Gedanke. Ein guter Gedanke. Ein Gedanke der
ihm die ganze Sache vielleicht, vielleicht ein bisschen leichter
machen konnte. Was hatten Ureinwohner in solchen Breiten getan, wenn
der tiefe Schnee sie am Gehen gehindert hatte? Die Antwort war
einfach. Schneereifen! Sie hatten sich Schneereifen gespannt. Warum
sollte er das nicht auch versuchen? Sicher, er hatte soetwas noch nie
gemacht, aber wenn er beim Wald angekommen wäre und sich sowieso
schon ans Schlittenbasteln machen würde – warum sollte er es nicht
auch gleich mit ein paar Schneereifen versuchen? Zufrieden mit seinem
Beschluss verstaute Aaron wieder alles im Rucksack und setzte seinen
Weg fort.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen