MVJstories

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Freitag, 26. Dezember 2014

Kälte. Folge 7: Erste Rast und neuer Plan

Als die Sonne hoch am Himmel stand und er schätzte, dass es bald Mittag sein musste – eine Armbanduhr hatte er nicht und sein Handy lag in Einzelteilen irgendwo unter dem Schnee vor der Hütte – beschloss Aaron, eine längere Rast einzulegen. Er war erschöpft und hatte durch die Anstrengungen des Vormittags ordentlich Hunger bekommen. Mit den Füßen trampelte er sich den Schnee zu einem kleinen Platz zurecht, auf dem er nicht bei jedem Schritt einsank. Dann legte er den Rucksack ab und machte ein paar wohltuend unbehinderte Schritte, bevor er die Plane und eine der Decken aus dem Gepäck zerrte, erstere zuunterst legte, um dann die Decke auf die Plane und zuletzt sich selbst auf die Decke fallen zu lassen. Erschöpft lehnte er sich gegen den Rucksack und sah in den Himmel. Strahlendes Blau breitete sich über ihm aus. Nicht ein kleines Wölkchen war zu erblicken. Aaron seufzte laut. Es klang komisch, dieser menschliche Laut mitten in der Stille, die sich um ihn breitete. Irgendwie fremd und unpassend. Noch einmal seufzte er, dieses Mal nicht aus Erschöpfung, sondern, um genauer hören zu können, was ihm an dem Geräusch gerade so komisch vorgekommen war. Einen Moment später fühlte er sich albern und war inmitten der gefährlichen Lage doch froh, dass keiner diese Szene hatte beobachten können.
Ein wenig ärgerlich über sich selbst kramte er im Rucksack und zog schließlich etwas Trockenfleisch hervor, auf dem er lustlos zu kauen begann. Zwischendurch trank er immer wieder aus einer Wasserflasche, die er am Abend mit geschmolzenem Schnee nachzufüllen gedachte. Er überlegte. Wenn er es bis zum Wald schaffen sollte, konnte er sich vielleicht aus ein paar Ästen einen Schlitten bauen. Ob das Ziehen seines Gepäcks leichter sein würde, als das Tragen desselben, war ihm nicht ganz klar, aber er hielt es für möglich. Weit schlimmer war allerdings, dass er selbst immer so tief einsank. Ein großer Teil seiner Kraft ging dafür drauf, immer wieder die Füße aus dem tiefen Schnee zu ziehen und sich, an den noch tieferen Stellen, eine regelrechte Schneise durch die weißen Massen zu bahnen. Gab es dagegen nicht ein Mittel?
Einen Flammenwerfer, dachte er kurz und grinste spöttisch in sich hinein. So ein großes Ding, mit dem man den Schnee einfach weitflächig wegschmelzen konnte. Aber wenn er schon dabei war, sich unmögliche Dinge zu wünschen, dann könnte er auch gleich ein Schneemobil verlangen.
Und eine Karte.
Aaron seufzte. Eine Karte, auf der die Hütte eingezeichnet war, ebenso wie die nächste Ortschaft. Zusammen mit dem Kompass, den er ja besaß, wäre eine solche Karte wahrscheinlich sogar wertvoller als das Schneemobil. Und bei Weitem wertvoller als der blöde Flammenwerfer. Fast musste er lachen, als er wieder an diesen irrsinnigen Wunsch dachte. Nun gut, er war ja auch nicht so ganz ernst gemeint gewesen.

In diesem Moment kam ihm ein Gedanke. Ein guter Gedanke. Ein Gedanke der ihm die ganze Sache vielleicht, vielleicht ein bisschen leichter machen konnte. Was hatten Ureinwohner in solchen Breiten getan, wenn der tiefe Schnee sie am Gehen gehindert hatte? Die Antwort war einfach. Schneereifen! Sie hatten sich Schneereifen gespannt. Warum sollte er das nicht auch versuchen? Sicher, er hatte soetwas noch nie gemacht, aber wenn er beim Wald angekommen wäre und sich sowieso schon ans Schlittenbasteln machen würde – warum sollte er es nicht auch gleich mit ein paar Schneereifen versuchen? Zufrieden mit seinem Beschluss verstaute Aaron wieder alles im Rucksack und setzte seinen Weg fort.

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