Es war ein Festtag für Aaron,
als er eines Tages am frühen Nachmittag endlich den Wald erreichte.
Nach so vielen Tagen der unermüdlichen Wanderung war endlich der
erste Abschnitt seiner Reise bewältigt. Zwar wusste er immer noch
nicht, wie weit es bis zur nächsten Ortschaft war und ob er es dahin
schaffen würde, doch zumindest hatte er nun auch schon etwas, auf
das er zurückschauen konnte, ein ordentliches Stück Weg, das er
bereits bewältigt hatte und das somit der unüberschaubaren Strecke,
die noch vor ihm lag, gegenüberstand. Natürlich konnte er keine
direkten Vergleiche anstellen, da er ja nicht wusste, wie weit er
noch würde gehen müssen, aber egal wie klein der Anteil der schon
gelaufenen Strecke am gesamten Weg auch war, zumindest etwas
geschafft zu haben machte schon ein wenig Mut und entfachte einen
kleinen Funken der Hoffnung.
Als er schließlich an den
ersten Bäumen ankam, beschloss er, den Rest des Tages auszuruhen. Er
ließ den schweren Rucksack zu Boden fallen, kramte die Plane hervor,
legte sie auf den Boden und eine Decke auf die Plane. Schließlich
ließ er sich selbst auf dem soeben erstapelten Kissen nieder und
seufzte. Seit dem Beginn seiner Reise war dies wohl der erste
Augenblick, in dem er sich wieder richtig wohlfühlte. Das mag
eigenartig klingen, da er sich ja noch immer mitten im
schneebedeckten Niemandsland befand, fern von jeder Zivilisation und
mit alles andere als ermutigenden Zukunftsaussichten, aber mit sich
verschlechternden Verhältnissen sinken auch die Ansprüche. Nach
einer wochenlangen Wanderung durch die Schneewüste war ihm die
Lebensgefahr inzwischen so alltäglich, dass er sich keine Gedanken
mehr darüber machte. Nur die unmittelbar drängenden Probleme
verdienten eine nähere Begutachtung, die sich immer wieder ändernden
Schwierigkeiten des gefahrvollen Alltags hier draußen.
So machte sich Aaron in diesem
Moment keine Gedanken über die immer noch drohende Gefahr, auf
dieser Reise durch Erfrieren, Hunger oder Erschöpfung eines
frühzeitigen Todes zu sterben. Vielmehr freute er sich darüber, mit
den Bäumen wieder klare Bezugspunkte und Begrenzungen seines
Blickfelds zu haben. Die unendliche Weite der Schneelandschaft war
ihm in den letzten Tagen zunehmend unangenehm geworden. Er fühlte
sich ausgeliefert, nicht Herr der Lage. Aaron kam aus einer Stadt und
war es gewöhnt, ständig Wände um sich herum zu haben. Jeder andere
war für ihn nur ein vorübergehender Zustand, der letztlich dazu
führen musste, ihn wieder anderen Wänden zuzuführen. Dieser
Dauerzustand der Schutzlosigkeit, den er in den letzten Tagen erlebt
hatte, gefiel ihm gar nicht.
Der Wald hingegen gab ihm ein
Gefühl von Sicherheit. Er fühlte sich besser ver- und damit auch
geborgen. So zweifelhaft es klingt: Aus einem Gefühl des totalen
Ausgeliefertseins kommend erschien ihm der Wald wie ein schützendes
Haus.
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