MVJstories

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Freitag, 9. Januar 2015

Kälte. Folge 11: Hilflos

In der Nacht hatte er einen dieser Angstträume, die ihn mitunter heimsuchten. Er träumte, er säße wieder in der Blockhütte, von der er a Morgen losgewandert war. Er hatte sich auf einem zerschlissenen Sessel niedergelassen und beobachtete die Tür. Besser gesagt, er starrte in die Richtung, in der sich die Tür wohl befinden musste, denn erkennen konnte er nur seine unmittelbare Umgebung. Die gegenüberliegende Seite des Raums war in Dunkelheit gehüllt. Genau genommen war nicht einmal zu erkennen, ob das Zimmer dort endete. Vielmehr machte es den Eindruck eines Tunnels oder Schachts, tief unter der Erde. Und dort, in der Finsternis, dort lauerte etwas, das spürte er. Eine Gefahr, nicht ganz klar, welcher Art eigentlich, aber was auch immer es war, es hatte es auf ihn abgesehen. Oder machte er sich etwas vor? Stand dort vielleicht jemand ganz ungefährliches und sorgte nur seine Fantasie dafür, dass sein Herz so beängstigend schnell schlug? Aaron beschloss, nachzusehen. Er spannte seine Muskeln an, um sich aus dem Sessel zu erheben, stemmte die Arme ein.
Kam nicht hoch.
Was war los? Er war unfähig, sich zu bewegen. Den Kopf drehen, das ging noch. Alle anderen Körperteile waren schlaff wie Sandsäcke. Als hätte jemand 90 % seiner Muskeln durch eine Schaumstofffüllung ersetzt. Er konnte, was noch da war, anspannen, wütende Anstrengungen unternehmen, sich endlich zu bewegen, aber sein eigener Körper war für seine auf geheimnisvolle Weise geschrumpften Kräfte zu schwer. Er konnte nicht aufstehen. Nicht wegrennen.
Sich nicht verteidigen.
Jetzt war er sich ganz sicher, dass es in der Dunkelheit etwas Böses gab. Und er spürte ganz genau, dass es näher kam. Panik erfasste ihn. Hier saß er nun und war dem namenlosen Schrecken hilflos ausgeliefert. Was konnte er noch tun? Nichts! Ihm blieb nur, zu warten, bis ihm das Wesen aus den Schatten den Tod bringen würde. Oder schlimmeres.
Verzweifelt versuchte er noch einmal, sich zu bewegen, zerrte panisch an seinem eigenen Unterarm, um ihm wenigstens eine minimale Bewegung abzutrotzen, die vielleicht, mit ein wenig Glück, die Lähmung aufheben und ihn erlösen würde. Er spürte, wie er immer unkontrollierter wurde und die Panik Besitz von ihm ergriff, wollte schreien...

Und wachte auf. Schweißgebadet, erleichtert, aber immer noch halb im angstvollen Traumzustand gefangen. Beruhigte sich langsam.
Und stellte fest, dass er seinen rechten Arm tatsächlich nicht bewegen konnte.
Da war sie wieder, die Panik. Ein Blick nach rechts. Eine dunkelgrüne Wand. Der Arm darunter eingeklemmt. Aha, daran lag es also. Keine unerklärliche Lähmung. Einfach nur ein schweres... Ja, was eigentlich?
Aaron versuchte, den linken Arm zu bewegen, was auch nicht ohne Weiteres gelingen wollte. Eingeklemmt zwischen Körper und Schneewand, na gut, die hatte er wenigstens selbst da hingebaut. Ein bisschen Kraft und schon ist der Linke Arm frei. Jetzt damit hinübergreifen und die grüne Wand befühlen...

Nicht so hart, wie zuerst gedacht. Nachgiebig, aber ziemlich schwer. Er strich darüber. Ein schabendes Geräusch erklang. 

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