Und so begab es sich, dass ich mich auf
eine weite Reise in die Zukunft begab.
Natürlich nicht wirklich. Eher, auf
eine Reise, die mir eine ganz neue Sicht auf die Diversität der
Kultur und des Zeitbegriffes einbrachte... Nein, schlicht eine Reise
nach Japan.
Der Grund ist simpel und
einleuchtend und muss wohl nicht weiter erläutert werden. Dennoch:
Meine Freundin macht zur zeit ein Auslandsjahr in Japan und, ehrlich
gesagt, wäre ich sonst wohl niemals nach Japan geflogen. Es war
nichts anderes als ein Besuch und dennoch eine, im Nachhinein
betrachtet, wirklich wertvolle Erfahrung. Jedoch will ich nicht
allzuviel vorweg nehmen. Ich will noch sagen, dass ich mich wenig an
sachliche Fakten halten werde, es wird alles sehr abstrahiert
dargestellt, was nicht zuletzt daran liegt, dass ich eine schöne
Geschichte und keine Zusammenfassung liefern will. Ich will
versuchen, den Spaß und die Erfahrungen so zu vermitteln, dass
andere sie nachvollziehen können. Was brächte es denn auch, wenn
ich euch berichten würde, was ich wann gemacht habe. Ich will
wiedergheben was ich erlebt habe. Das jedoch auf die Art, wie ich es
wahrgenommen und, streng genommen, nicht erlebt habe.
Ich werde
selbstverständlich dennoch versuchen, nachvollziehbar zu machen, was
ich gemacht habe aber ich werde nicht runterschreiben, was wann
passiert ist. Nicht zuletzt, weil ich mich nicht mehr an die
Reihenfolge der einzelnen Geschehnisse erinnere.
Ich weiß nun gar nicht
ganz wo ich anfangen soll. In meinem Notizbuch steht Folgendes:
"Not far from the
isle of man."
In diesem Moment habe ich
mich wohl gerade im Anflug auf Großbrittanien befunden. Im Flugzeug
gab es Bildschirme die eine Karte zeigten, auf der man sah, wo man
sich grad befand. In meinem Fall war das: Platz 15D.
Die Reise begann
allerdings bereits früher. Im Buch steht allerdings erst im
Anschluss:
"Berlin: Terminal
05"
Weiter:
"London: Terminal
05, A, 10, a"
Ich hab keine Ahnung was
das zu bedeuten hat. Ich glaube ich fand es amüsant, dass der
Londoner Flughafen im gegensatz zu Berlin Tegel soviele
Unterteilungen hat. Aber sicher bin ich mir nicht.
Weil ich das Folgende
Zitat recht amüsant finde, werde ich es als Einleitung verwenden
ohne weiter darauf eingehen zu wollen. Es steht, nebenbei bemerkt,
auch in meinem Notizbuch:
"Wenn ein Mensch
im laufe von zehn Stunden eine Grube von einem Kubikmewter aushebt,
dann heben tausend Grabende diese Grube im Bruchteil einer Sekunde
aus. Und genau wie sich diese Leute eher mit dem Spaten den Schädel
einschlagen, als das erste Krümchen Erde beiseite Schaufeln würden,
so lagen sich auch unsere unglücklichen Humies entweder
untereinander oder mit uns in den Haaren, anstatt effektiv zu
arbeiten."
Nachzulesen
in Stanislaw Lems Die stimme des Herrn
Die Reise begann nun in Magdeburg, noch zusammen mit meiner Mutter,
denn sie brachte mich nach Berlin, zum Flughafen.
Ich gebe ehrlich zu, ich war müde, aufgeregt und mies gelaunt. Ich
bereitete mich auf den ersten Flug meines Lebens vor. Dennoch
entgingen mir die Aufmuterungsversuche meiner Mutter nicht obwohl ich
sie in diesem Moment sehr geringschätzte. Was wir Konkret redeten
weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich, dass wir in Berlin, im Mc
Donalds aßen und ich mich herzlich über einige Leute amüsierte,
die neben uns saßen. Was sie beredeten, ist mir jedoch auch
entgangen.
Wir haben die Zeit mit Knüppel und Gewalt totgeschlagen, nachdem wir
uns mit eben selben den Mc Donalds fraß runter geprügelt haben. Um
drei sollte unser Bus fahren. Ich weiß noch wie wir an der
Bushaltestelle saßen und ich beobachten konnte, wie eine Junge Dame
mit aller entschlossenheit auf eine Scheibe zubewegte, die sich nur
dadurch als solche erkennen gab, dass sie erstens dreckig war, was in
der Berliner Luft nicht sonderlich auffällt, und zweitens, kleine
Vögel darauf gezeichnet waren. Ich habe mal gehört, diese dienen
dazu, dass echte Vögel nicht gegen die Scheiben fliegen. Bei dem
Mädchen hat es funktioniert, denn sie blieb kurz vor der Scheibe
stehen.
Weiter
erinnere ich mich an eine Busfahrt und einen ungefähr zwei Stündigen
aufenthalt auf dem Berliner Flughafen worauf ein Abschied folgte, der
mir erst einige Minuten später bewusst wurde. Denn erst als ich
durch die Sicherheitskontrolle gekommen war und darauf wartete, dass
ich endlich in den Flieger durfte, begann das Gefühl in mir zu
keimen, dass ich nun, allein, auf dem Weg in ein völlig fremdes Land
war.
Nicht, dass ich mich nicht darauf freute, meine Freundin, Sophie,
wieder zu sehen, dennoch wurde in mir ein seltsames Gefühl wach.
Schließlich war es das erste mal, dass ich Weihnachten nicht mit den
Menschen verbrachte, mit denen ich seit nunmehr 19 Jahren und 11
Monaten zusammen lebte. Drei Wochen Japan, Fremdland, wenn man so
sagen darf, standen mir bevor und ehrlich gesagt kannte ich aus Japan
nichts. Ich bin nicht einmal ein großer Animé Fan sodass ich auch
nie auf Japan gekommen wäre. Es lag auch viel zu weit von meiner
geliebten Heimat entfernt.
Ganz und gar Kitschig ausgedrückt, war es also nur ein Mädchen,
welches mich in dieses unbekannte Gebiet zog.
- Weil ich gerade die Bemerkung mit den Animés gemacht habe, möchte ich anbringen, dass ich gar nicht so viel davon mitbekommen habe, dass sie bestandteil von Japan sind.
Im Flieger dann, begann ich meine Freunde zu vermissen, besonders
meinen langjährigsten Weggefährten, als Irland auf dem Bildschirm
im Flugzeug in Sicht kam, waren wir doch beide große Whiskyfans.
Um es an dieser stelle zu vervollständigen, ich vermisste einen
anderen guten Freund als ich feststellte, dass es in Japan kaum bis
gar keine bunte Farbe – Bilder, Schriftzüge – an den Wänden gab
und einen wieder anderen, gerade frisch als guten Freund entlavten,
(er ist, nebenbei, Japan- und Animéfan) als mir ein altes Al Capone
Zitat einfiel.
- Der letzte Teil ist mit einem Augenzwinkern dazugedichtet. Ich viele Menschen an den verschiedensten Stellen vermisst aber eher selten bis garnicht über Al Capone nachgedacht.
Meine Mutter vermisste ich, als Sophie mir etwas vorsetzte, was sie
als Kürbissuppe bezeichnete.
Zum Abschluss, vermisste ich erstgegnannten Freund ein zweites mal,
als ich im Londoner Flughafen einen Whiskyladen fand und hinter der
Theke eine Reihe von bekannten Flaschen entdeckte: 16 Jahre alter
Lagavulin. Das rief erinnerungen wach...
Weiter dachte ich an meinen Bruder, meine Schwester, ihren Freund,
meinen Vater und viele mehr. Doch entweder sind mir die Situationen
entgangangen oder unsinnig zu erläutern, oder werden später noch
eine Rolle spielen. Ich bin mir dessen noch nicht ganz sicher.
Dieses Bild ist auf Gate A05 auf dem Londoner Flughafen entstanden. |
Außerdem wurde mir jedesmal, wenn ich auffwachte bewusst, dass ich
entweder etwas zu essen oder den Kaffee verpasst hatte, weshalb ich
die letzten drei Stunden wach blieb. Daraufhin stellte ich fest, dass
ich eigentlich gar nichts verpasst hatte.
In Tokyo bin ich mit einem seltsamen Gefühl ausgestiegen. Es war
eine Mischung aus: "Wo gibt es hier anständigen Kaffe?"
und "Hilfe, wo bin eigentlich ich?"
Letzteres fand sich nach einer kurzren Unterhaltung mit einer Dame an
der Information. Während sie mir erklärte, wo ich wie hin musste,
blieb ich höflich und nickte. Erst als sie begann von einem Bus zu
sprechen, war ich leicht iritiert. Auf die Frage, ob ich denn alles
verstanden habe, antwortete ich enthusiastisch mit: "Yes...
No..."
Die Freundliche Dame erklärte es mir erneut und ich bedankte und
verabschiedete mich ohne etwas verstanden zu haben. Ich ging aber
einfach in eine Richtung, in die sie gewiesen hatte.
- Das japanische Englisch ist nur ein wenig leichter zu verstehen als Japanisch selbst. Im Grunde hangelt man sich von Wort zu Wort und versucht grob etwas zu verstehen. So wie ich weiß, dass ein Satz beendet ist, wenn man das Wort "Kurasai" fällt. Wie viele Sätze in der Zeit gesprochen wurden vermag ich jedoch nicht zu sagen.
Der zweite Mensch mit dem ich redete, war der Busfahrer der mich zum
Terminal fuhr und bei dem ich mich vergewisserte, dass ich bei ihm
richtig sei.
Der dritte Mensch war die Dame, die mir den Kaffee verkaufte.
Kurz möchte ich noch etwas zu der Busfahrt sagen, denn es war meine
erste Busfahrt in Japan und meine erste im Linksverkehr.
"Ich
bin außerstande zu begreifen, wieso man Leute ohne Führerschein im
Straßenverkehr nicht zuläßt, auf die Bücherregale hingegen in
beliebiger Anzahl die Bücher von Leuten ohne Anstand gelangen
können, von ihrem Wissen ganz zu schweigen."
Nachzulesen in Stanislaw Lems Die stimme des Herrn
Ich möchte anhand meines nun folgenden letzten Fluges diese
vollkommen bescheuerten, ständigen Zitate erklären: Ich hatte zwei
Stunden vor mir und zum erstenmal wurde mir bewusst, wie kurz ich
davor stand, meine Freundin wieder zu sehen. Dementsprechend war ich
aufgeregt, trotz Müdigkeit. Außerdem hatte ich zuvor Kaffee
getrunken und auch im Flieger konnte ich die Finger nicht von dem
bitteren Gebräu lassen. Also las ich. Zu dem Zeitpunkt eben die
Stimme des Herrn von Stanislaw Lem. Ich werde versuchen noch andere
Zitate anzubringen.
Angekommen in Sapporo machte ich folgendes: Ich stolzierte voll
Vorfreude aus dem Flieger, die Treppen hinab, durch die
Gepäckausgabe, in die Vorhalle und... hatte meinen Koffer nicht
mitgenommen. Das jedoch wurde mir erst bewusst, nachdem ich noch
einige Minuten damit verbracht hatte, das zuletzt angefangene Kapitel
fertig zu lesen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich ein Koffer gut
machte um sich darauf zu setzen und auf eventuelle Personen zu
warten.
So war die vierte Person in Japan, mit der ich mich (Abgesehn von den
Stewardessen im Flieger) unterhielt, wieder eine Dame von der
Information, die mir freundlicherweise meinen Koffer holte.
Vor aufregung, und weil es mir Peinlich war, vor der Information zu
warten, nachdem ich mich schon so auffällig als Erstflieger entlavt
hatte, beschloss ich, meiner Freundin entgegen, zum Bahnhof zu gehen.
Dort angekommen, und kurz gewartet, stellte ich fest, dass in der
anderen Richtung auch ein Zugstop war weshalb ich den ganzen Weg
zurücklief wo nunmehr meine Freundin vor der Information, vor der
ich mich zu drücken versucht hatte, wartete.
Als wir unsere lange begrüßungszeremonie beendet hatten und uns nun
lediglich zwei Hände verbunden, bot mir Sophie etwas zu essen an.
Zur Auswahl standen: Fleischklößchen und Onigili (In Algen
gewickelter Reis). Ich jedoch sehnte mich nach nichts mehr als nach
Wasser. Selbstverständlich war mein Abholkomitee auch darauf
vorbereitet. So drückte mir Sophie eine Flasche in die Hand, deren
Inhalt ich nach einem kurzen Blick als Wasser identifizierte. Erst
nachdem ich einen Schluck des vermeindlichen Wassers getrunken hatte,
wurde mir verraten, dass es, aufgrund der Tatsache, dass man
japanisches Leitungswasser nicht trinken konnte, abgekocht war.
- Ich glaubte Sophie zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass man japanisches Leitungswasser tatsächlich nicht trinken kann. Dazu später mehr.
Die folgende Zugfahrt nach Toyoura war lang und es ist, soweit ich
mich erinnere, nichts interessantes passiert.
Nun ist es aber wirklich Zeit zu erwähnen, dass in Japan wirklich
wenig Schnee lag. Ich hatte, Erzählungen zufolge, damit gerechnet,
dass ich mit meinen Stiefeln im Schnee versinken würde.
Aber der Schnee lag nur am Straßenrand und die Straße war nass.
Sophie versicherte mir aber, dass der Schnee gerade geschmolzen sei.
Und so zogen und trugen wir meinen zehn Kilo zu leichten Koffer (Ich
hatte nur 13 von 23 im Flieger zugelassenen Kilo Gepäck) den Berg
hinauf. Es war wirklich ein Stück auch wenn es mir später
tatsächlich kürzer vorkam als am ersten Tag. Aber wie gesagt ich
war müde. Endlich in meinem Heim für die folgenden drei Wochen
angekommen, ging ich erst einmal zum Wasserhahn und trank einen
tiefen, um nicht zu sagen den tiefsten, Schluck Wasser, und...
spuckte ihn wieder aus. Zwei Dinge waren mir aufgefallen: erstens,
war das Wasser sch***nekalt und zweitens hat es abgekocht doch besser
geschmeckt.
Unser Wohn für drei Wochen. Dann doch mit Schnee. Zu
dem Pinguin später mehr.
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So in etwa endet der Anfang meiner Geschichte. Im
weiteren werde ich über meinen Alltag in Japan berichten und ihr werdet mal ein
Zitat von wem anderes zu lesen bekommen. Außerdem werdet ihr erfahren, wo die Enten bleiben.
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