Das klingt doch nach...
Der Plane!
Jetzt wurde Aaron langsam klar,
was passiert sein musste. Am Abend hatte er die Plane über seinen
Unterschlupf gespannt. In der Nacht musste es noch einmal kräftig
geschneit haben. Der Schnee hatte sich auf der Plane gesammelt und
sie schließlich zum Absturz gebracht. Wie es aussah hatte er nur
deshalb noch etwas Luft, weil er direkt an der Schneewand gelegen
hatte, die dem Wind zugewandt war, und weil die Plane an dieser Seite
gehalten hatte. So war ein dreieckiger kleiner Schneetunnel vom
Eingang in seine Zuflucht an der Schneewand entlang bis zum anderen
Ende übrig geblieben, nach oben hin begrenzt von der nunmehr schräg
zwischen Boden und Schneemauer gespannten Plane. Reines Glück, dass
er gerade hier gelegen hatte. Weiter in der Mitte wäre er vermutlich
unter den Schneemassen erstickt.
Vorsichtig prüfte Aaron noch
einmal die Beweglichkeit seiner einzelnen Körperteile. Viel war
nicht zu machen. Die Plane hatte sich samt Schnee auf ihn gesenkt und
sich seinen Körperkonturen zumindest so gut angepasst, dass nicht
mehr als ein paar Zentimeter Bewegungsspielraum blieben. Zusätzlich
wurde er von der dicken Schneekleidung behindert, in der er
geschlafen hatte. Das letzte, was man sich wünscht, wenn man von
allen Seiten so eingeklemmt ist, dass man sich kaum bewegen kann, ist
dicke Kleidung, die schon den Gedanken an eine Verbesserung der Lage
durch Nutzung der wenigen Freiräume absurd erscheinen lässt.
Andererseits wäre er wohl ohne die dicken Sachen längst erfrohren.
Vielleicht doch besser so.
Aaron kämpfte gegen die Panik,
die wieder in ihm aufsteigen wollte. Die vielleicht schlimmste Folter
für ihn war diese Situation absoluter Hilflosigkeit. Er wusste, dass
er dieses Gefühl nicht zulassen durfte, verbot es sich, um nicht mit
panischen Reaktionen die Chancen zu verspielen, die er noch hatte.
Schließlich hatte er sich
soweit im Griff, dass er ruhig über seine Lage nachdenken konnte.
Zunächst prüfte er vorsichtig, wie schwer die Schneemassen
eigentlich waren, die ihn bedeckten.
Schwer.
Zu schwer.
Den Gedanken, die Plane samt
Schnee einfach wegzuheben, konnte er vergessen. Er überlegte weiter.
Überprüfte noch einmal alle möglichen Bewegungen. Den größten
Spielraum hatten noch seine Füße. Die Plane hatte sich so über sie
gespannt, dass ein kleiner Zwischenraum blieb. Wenn er jetzt... Er
versuchte, die Hacken einzustemmen und sich durch heranziehen der
Zehen ein Stück nach vorn zu schieben. Nein, so ging es nicht. Die
Kraft reichte nicht aus. Wenn er aber zusätzlich die Schultern...
Eine Weile lang probierte Aaron
herum, bis er endlich eine Möglichkeit fand. Wenn er zusätzlich zu
der Arbeit mit den Füßen auch die Schultern hochzog, die Ellenbogen
in den Boden stemmte und sich dann mit der Kraft seiner Schultern
abdrückte, kam er tatsächlich voran. Nicht viel, nur
zentimeterweise, aber auf diese Art kam er dem leuchtenden Fleck, der
das Ende des Planen- und Schneedachs und damit den Ausgang markierte,
zumindest näher. Verbissen arbeitete er weiter, entwickelte einen
Rhythmus, der ihn Stück für Stück dem Licht näher brachte.
Als er mit dem Kopf ins Freie
vorstieß und endlich den Himmel wieder sehen konnte, machte er eine
Pause. Jetzt, so viel wusste er, war er gerettet.
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