Er hätte wohl noch lange so
dagestanden, gelähmt von der überwältigenden Pracht, wenn nicht
der eiskalte Wind, der gegen Abend aufgefrischt war, ihn zum frösteln
gebracht hätte. Solange er in Bewegung war, machte ihm der Wind
nicht viel aus. Er war rundherum dick in seine warmen Wintersachen
eingepackt, so dass nur Teile seines Gesichts tatsächlich der Kälte
ausgesetzt waren, was sich leicht durch die körperliche Betätigung
ausglich. Wenn er aber nur so herumstand, krochen mit der Zeit eisige
Schauer von seinem Gesicht abwärts über seinen Körper, und keine
noch so warme Kleidung hielt sie auf diesem Wege auf. Er musste sich
dringend einen Windschutz für die Nacht verschaffen!
Aaron stellte den Rucksack ab
und begann, eine kreisförmige Fläche rundherum freizutrampeln. Dann
begann er, auf dem oberen Rand der so entstandenen Mulde Schnee
aufzuhäufen, den er gegen den Wind etwas festklopfte.
Genau genommen hatte er keine
Ahnung, ob seine Art, sich einen Windschutz zu bauen, dem entsprach,
was ihm Polarforscher und Survival-Spezialisten geraten hätten. Er
hatte sich sogar schon fast mit dem Gedanken abgefunden, früher oder
später unweigerlich einen entscheidenden Fehler zu machen, der ihn
letztlich das Leben kosten würde. Seine Vorstellung eines guten
Rastplatzes in Eis und Schnee wurde noch immer maßgeblich von den
kümmerlichen Iglu-bau-Versuchen seiner Kindheit beeinflusst.
Als Aaron die errichtete
Schneewand hoch genug erschien, breitete er die mitgebrachte Plane
darüber und beschwerte deren Ecken ebenfalls mit Schnee. Im Inneren
der so entstandenen Hütte ließ er sich schließlich zu einem kargen
Abendbrot nieder. Neben Trockenfleisch gab es dieses Mal allerdings
auch ein Stückchen Orange. Er hatte genügend Halbwissen über die
Ernährung bei Abenteuern wie dem seinen angesammelt, um sich vor
gewissen Vitamin-Mangelerscheinungen zu fürchten, auch wenn er keine
Vorstellung davon hatte, wie viel Obst welcher Art er wie oft zu sich
nehmen musste, um seine Ernährung ansonsten auf Trockenfleisch und
Wasser beschränken zu können. Da ebensowenig wusste, wie lange
seine Wanderung noch dauern würde, konnte er sich seine Orangen
nicht in regelmäßige Portionen einteilen. Er würde eben ab und zu
etwas davon essen und hoffen, dass sein Körper das Beste daraus
machte. Und, dass er nicht auf der Hälfte seiner Reise plötzlich
ohne Obst dastehen würde. Wenn es überhaupt Sinn machte, sich
darüber Gedanken zu machen. Vielleicht brauchte er ja für die Zeit
seiner Wanderung gar kein Obst. Vielleicht fingen die
Mangelerscheinungen erst nach Monaten an, wenn er entweder längst
eine Siedlug erreicht hatte, oder bereits erfroren war.
Aaron fröstelte. Er beendete
seine Mahlzeit, wickelte sich samt seiner dicken Kleidung in die
Decken, die er mitgenommen hatte, und schloss die Augen, um
wenigstens den Versuch zu machen, in dieser lebensfeindlichen
Umgebung etwas Schlaf zu bekommen. Würde sowieso nicht klappen. Er
würde hier liegen, anfangen zu frieren, vor Kälte kein Auge
zubekommen und schließlich frustriert das Lager abbrechen, um
dann...
Einen Moment später war er,
erschöpft von den Strapazen des Tages, eingeschlafen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen