„Sag mir die Wahrheit!“
Eine Forderung, so unsinnig wie
überheblich.
Denn Wahrheit braucht Klarheit
und daran herrscht Rar-heit
Denn was einer sieht
ist dem andern nicht klar, seit
er nämlich die selbige Sache
betrachtet
wird klar, dass er sie als was and'res
erachtet
als ersterer, weshalb er anders
berichtet
und obgleich sie beide der Wahrheit
verpflichtet
sich fühlen, erzähl'n sie
verschiedene Dinge
ein jeder sagt, was er in diesem Sinne
für richtig hält, das unterscheidet
sich zwar
doch beides ist wahr.
Aber kann es denn wirklich zwei
Wahrheiten geben?
Was hieße das sonst für die Dinge im
Leben
die sich nur auf klare Antworten
gründen...
Müssen wir uns jetzt neu erfinden?
Ich meine, müssen wir, was wir auch
sagen,
die Vielzahl der Wahrheiten
hinterfragen?
Zum Beispiel, wenn jemand fragt, wer
ich bin
dann hat der ja wohl meinen Namen im
Sinn
doch wenn ich die Wahrheit antworten
will
dann ist, was ich sagen muss, viel zu
viel
Denn ich bin nicht ein Name, ich bin
noch vielmehr
was dazu führt, dass ich hinterher
mich selbst viel zu genau erklären
will
Dann reihe ich Sätze an Sätze
an Sätze
an Sätze
ich schätze, auch schon die Hälfte
wär ihm zu viel
Ich bleib lieber still...
So bleibt uns, woll'n wir nicht Lügen
erzählen
Halb- und Viertelwahrheiten
vorzustellen
Ich weiß ja, dass er meinen Namen
hör'n will
drum spiele ich mit, dieses seltsame
Spiel
ich antworte nicht auf das, was er mich
fragt,
sondern auf das, was seine Frage mir
sagt
über seine Erwartung an mich
die erfülle ich
doch bei mir denke ich eigentlich:
Wenn ich nur tue, was ein and'rer
verlangt,
bin ich dann noch ehrlich? Denn
aufrecht stand
meine Meinung zwar früher, doch wenn
ich sie anpasse
ist sie entbehrlich.
Das mag zwar bei Fragen
nach meinem Namen
nebensächlich erscheinen
Doch wenn ich mich beuge
und einfach bezeuge
was irgendwer vorspricht, gehör' ich
zur Meute
die Gedanken und Meinung von einem
kopiert
der sie dann ungehindert zum Massengrab
führt
erst zu dem von wem anders, dann zu dem
ihrer selbst
nur der Führer entkommt oft, mit
massenhaft Geld
ich möchte niemals meine Meinung
verschenken
und anderen erlauben, mich einfach zu
lenken
Ihr alle, die ihr die Menschen
verachtet
und glaubt ihr hättet die Wahrheit
gepachtet
Ob Fundamental- oder Extrem-isten
Oder „Wir sind keine
Nazis“-Populisten
Aus „Angst ums Land“ marschieren
sie wieder
Angst? Wovor denn? Hashtag #nopegida
Früher gegen die Juden, heute gegen
Muslime
und das im gleichen Land, es ist schon
perfide
wenn die noch behaupten, die Wahrheit
zu kennen
und sie als einzige auch zu benennen,
obwohl sie jede Quelle derselben
„Lügen-“und „Systempresse“
schelten
Wenn also die Medien sämtlich lügen
Woher hab'n sie die Wahrheit? Wo steht
sie geschrieben?
Wir stell'n also fest (und das etwas
pikiert):
Der Begriff der „Wahrheit“ ist
soooooooo kompliziert...
Heißt das, wir sollten sie ganz
aufgeben?
Ab heut' nur noch lügen, das ganze
Leben?
Doch dann würden wir uns selber bald
hassen,
denn wir hätten der Meute die Wahrheit
überlassen.
Denn sobald keiner mehr etwas dagegen
sagt
wird deren Wahrheit zur Doktrin im
Staat
Denn man kann nur mit so vielen
Wahrheiten rechnen
wie's Leute gibt, die von ihr sprechen
Darum hört nie auf, eure Wahrheit zu
verkünden
vielleicht helft ihr jemandem, seine zu
finden
Denn meine Wahrheit ist mir wichtig
Sie ist weder einzig noch einfach nur
richtig
Ich weiß, dass ich an ihr arbeiten
kann
und muss, das muss schließlich
jedermann
Drum lohnt es, jede andere Wahrheit zu
prüfen
auf Schwächen und Stärken, Höhen und
Tiefen
um letztlich zu neuer Wahrheit zu
finden
und somit den nächsten Vergleich zu
begründen
der Fortschritt verheißt, Stück für
Stück
strecken wir uns begeistert, entzückt
dem Ziel entgegen, dem sicheren Wissen
auf das wir doch immer verzichten
müssen
weil jede Erkenntnis nur vorläufig ist
veränder- und prüfbar in jedweder
Frist
Niemand wird erreichen, wonach wir hier
streben
Doch allein der Versuch hält uns am
Leben
Denn die Wahrheit ist, selbst hier im
Gedicht:
Ganz ehrlich: DIE Wahrheit
gibt es nicht!
Den Text finde ich klasse! Hedi
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