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Dienstag, 17. Februar 2015

Kälte. Folge 20: Schlaflos

Dann schlug Aaron die Augen auf. Verwirrt sah er sich um und befreite sich mit fahrigen Bewegungen aus den Decken. Sein Herz klopfte, als sei er gerade einen Marathon gelaufen und sein Atem ging schnell und stoßweise. Erst nach ein paar Sekunden begann er zu realisieren, wo er war, dass er geträumt hatte und sich, wenn auch nicht in Sicherheit, so doch außerhalb unmittelbarer Lebensgefahr befand. Er legte sich wieder hin und schloss die Augen.
Dass aber eine liegende Position und geschlossene Augen ausreichten, um ihn wieder einschlafen zu lassen, war nicht mehr als Wunschdenken. Kaum hatten sich seine Augenlider geschlossen, da tauchten auch schon wieder die Traumszenen vor seinem inneren Auge auf. Die Bilder ließen ihn nicht los, zwangen sich ihm immer wieder auf... Er wurde das Gefühl nicht los, dass in dem Traum irgendein Hinweis versteckt sein könne, ein Hinweis, der diese ganze Situation, in der er sich befand, etwas klarer erscheinen, ihn vielleicht dem Grund für all die Geschehnisse der letzten Wochen etwas näher bringen würde. Mit offenen Augen lag er da und durchforstete seine Erinnerungen nach einem Anhaltspunkt, aber so viel er auch grübelte, es wollte ihm nichts einfallen.
Er war der Mörder gewesen, so viel hatte er behalten. Der Mörder von Erik und vielleicht auch der von Elisa. Wer wusste schon, was aus ihr geworden war?
Seinen besten Freund hatte er im Traum umgebracht, war aber kurz darauf selbst von Unbekannt hinterrücks niedergestoßen worden. War der Mörder selbst inzwischen tot? War es das, was der Traum ihm sagen wollte?
Unsinn! Wenn ihm seine Träume etwas mitteilen konnten, dann nur Sachen, die er unterbewusst schon gewusst hatte. Wie aber hätte er von dem Tod des Mörders wissen sollen? Es musste etwas anderes sein...
Eine Frau hatte seinem Leben schließlich ein Ende gesetzt. Eine Frau, die sich von Erik mit den Worten „das habe ich nur für dich getan“ verabschiedet hatte...
Elisa?
Unwillkürlich kam Aaron ein Erinnerungsfetzen von Eriks Todestag in den Sinn. Der Anblick des Schneemobils, mit dem der Mörder sich schließlich davonmachte, während Aaron sich draußen im Schnee versteckte... Das Schneemobil...
Der Mörder darauf...
Der Beifahrer!
Richtig, es hatte einen Beifahrer gegeben. Ein Bandenmitglied vielleicht. Vielleicht aber auch... Elisa?
Es war nicht auszuschließen, dass der geheimnisvolle Fremde sie auf dem Herweg entführt hatte – das würde zumindest erklären, warum sie nicht aufgetaucht war – um sich sodann des Nebenbuhlers zu entledigen...
Das wiederum würde bedeuten, dass er sie und ihre Lebensverhältnisse gekannt haben müsste. Aaron hielt inne. War diese Theorie sinnvoll? Nun ja, sie war zumindest denkbar. War sie aber wahrscheinlich?
Er schüttelte resigniert den Kopf. Wie sollte er die Wahrscheinlichkeit einer Theorie einschätzen, die nicht mal zur Hälfte aus bewiesenen Fakten bestand? Sicher, es sprach nichts dagegen. Genausowenig gab es aber klare Anhaltspunkte, die dafür sprachen. Ärgerlich rollte er sich zusammen und schloss die Augen, fest entschlossen, jetzt endlich einzuschlafen.

Und wie durch ein Wunder gelang es ihm.

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