MVJstories

MVJstories ist ein Blog, auf dem eine kleine Gruppe junger Schriftsteller Auszüge aus ihren Werken veröffentlicht. Feedback ist ausdrücklich erwünscht. Und nun viel Spaß beim lesen!

Montag, 27. Oktober 2014

Überzeugungsarbeit

Ihr werdet niemals, nie erraten
wem ich vor kurzer Zeit begegnet bin
Es war ein düst'rer Tag, ich fühlte mich verraten,
verkauft, verpfiffen und die, die dies taten
hatten als Freunde mich zuvor beraten
doch plötzlich änderten sie ihren Sinn.

So war ich einsam nun, verlassen und alleine
das Leben kam mir sinnlos vor und dann
wurde es kalt in mir, ich lenkte meine Beine
auf eine Klippe zu, dahinter der nicht eben kleine
Abgrund klaffte, von dem ich damals meinte
dass er mich von dem Schmerz erlösen kann

Der Sturz ging schnell, der Schmerz war kurz, es kam die Schwärze
ich wusste nichts von mir, ich wusste nur,
dass etwas weiter vorne eine Kerze
(oder ein andrer Lichtquell, funkelnd wie aus Erze)
mich zu sich rief, und freudig sprang mein Herze
und folgte ihm auf seiner hellen Spur

Als ich jedoch den Ursprung jenes Scheins erreichte
erblickte ich dort einen kleinen Mann
der war nicht jung, nicht alt, nicht schwer noch leichte
und als er mir die Hand zum Gruße reichte
konnt' ich nicht anders, als dass ich erbleichte
Er lächelte und fing zu reden an

„Du bist“, so sprach er, „wahrlich weit gekommen
und hast schon viele Dinge hier gesehen.
Was du getan hast aber, ich seh' es verschwommen
ist nicht zum Guten stets geworden und gekommen
was du nicht hättest nehmen dürfen, hast du dir genommen
drum ist es an der Zeit, mit mir zu gehen.“

„Wer bist du denn?“ so fragte ich ihn ängstlich
„Ich habe dich noch nie zuvor gesehen.
Und doch sagt eine Stimme mir, ich kennt' dich
du bist so fremd, so freundlich, doch nicht menschlich
und alles was du sagst ist so befremdlich“
Da lachte er als wär's um ihn geschehen

„Ich bin, der euch zur bösen Tat verleitet
der euch die Werkzeuge des Mutwill'n ausgebreitet.
Ich bin, der euch in Furcht und Schrecken setzt,
euch euer Leben lang zu Tode hetzt.
Bin bei euch von der Wiege bis zur Bahre
auf dass euch nichts vor mir dereinst bewahre
ich nehm' euch mit, seid ihr erstmal verschieden
und nehme euch die Freud' am ew'gen Frieden
sperr' euch in meinem Reich in eine Zelle
und mach den Tod euch da – wörtlich – zur Hölle!
Willst du noch immer meinen Namen wissen?
Du hättest ihn doch längst erraten müssen!
Ihr nennt mich Beelzebub, Mephisto oder Satan
Luzifer, Schaitan, Beliar oder Urian
Ich bin Versucher, der zum Bösen erst verführt
und was später er bestraft zuvor gebiert
Ich sähe und ich ernte Hass und Zweifel
für dich, mein Freund, bin ich einfach der Teufel“

Er winkte mir, mit ihm den Pfad nun zu beschreiten,
der uns in tiefste Höllenkreise führte
er wandte sich zum Gehen und bei Weitem
wagte ich nicht, mit ihm darob zu streiten
als ein Gedanke anfing, mich zu leiten,
aus dem heraus ich seine Schulter sanft berührte

„Halt ein“, sprach ich, „das Spiel ist abgekartet
endlich hab nun die Wahrheit ich erkannt.
Du tust so böse, weil man es erwartet,
nur darum scheint dein Leben so entartet
im Innern bist du gar nicht so verhartet
denn eigentlich bist du ein guter Mann.“

„Was hör ich da, du zweifelst meine Bosheit an?“
Bist du denn taub? Was hab ich gerade hier verkündet?
Von meiner Schandtat gegen jedermann?
Von allem was ich tu und was ich kann?
Du meinst, trotz allem, was ich schon getan
gibt’s einen, der mich noch nicht böse findet?“

„Jawohl“, so sprach ich, „denn der wahre Übeltäter
ist ein ganz anderer, das sieht im Grunde jeder.
Hast du etwa den Ozean vergiftet
und dich mit schweren Waffen aufgerüstet?
Hast du damals die Kohlekraft erfunden
und drehst mit schweren Drohnen deine Runden?
Ist's deine Schuld wenn hier und da auf Erden
die Menschen Kriegs- und Terroropfer werden?
Und Kinderschändung, Folterkeller, Völkermord –
schreibst du diese Geschichte ewig fort?
Du holst nur ab, was wir bereits vernichtet,
doch hast du selbst noch keinen hingerichtet.
Kein Blut klebt noch an deinen Teufelshänden,
du siehst zwar ständig zu, wenn Leben enden,
doch bist du nur der Knecht, der sie empfängt
und – nach dem hohen Richtspruch – zur Bestrafung bringt.
Doch wer ist es, der all dies Leid verschuldet,
wer mordet, plündert, schändet und erduldet
all dies, obwohl er etwas ändern könnte?
Es ist der Mensch! Ja, wir sind es am Ende.
Du, Kamerad, brauchst dich für nichts zu schämen
wir müssen hier die Schulden auf uns nehmen,
weshalb ich uns're Rollen leicht bezweifel'
in Wirklichkeit bin ich doch hier der Teufel!“

Verwirrt kratzte der Mann sein blankes Haupt
so hatte er das wohl noch nie gesehen
Der Mensch, der Teufel, Bosheit überhaupt,
So kompliziert! Die Frage sei erlaubt:
War er denn noch der Hölle Oberhaupt?
So dachte er wohl, und blieb sinnend stehen.

„Du hast wohl Recht“, so sprach er schließlich leicht pikiert,
„ich bin viel besser, als ich immer dachte
Ich war wohl einfach schlechter informiert
hab niemals ernsthaft an der Frage auch gerührt,
auch wenn ich immer irgendwo es leis' gespürt,
dass ich mir wirklich nichts aus diesem Leben machte

Drum überlass' ich die Geschäfte besser dir,
der du dich so viel besser dafür eignest.
Du wirst schon wissen, wie die Sache funktioniert,
Du hast das Böse ja auch stets in dir gespürt,
bist ja ein Mensch, der soetwas goutiert
Ganz anders ich, den sowas eher kalt lässt

So ging er froh beschwingten Schritts von dannen
und ich blieb mit Erleichterung zurück
Ich war dem Tod gerade so entronnen
Das Leben, das ich opfern wollte, hatte ich gewonnen
war knapp den Höllenqualen nun entkommen
doch jetzt war ich vom Leben ganz entzückt

Ich wandte mich zum geh'n, doch starkes Stechen
bremste den Gang ins Nichts, es hielt mich auf
Es war, als wollten Kopf und Herz zerbrechen
doch jemand wollte dringend mit mit sprechen
ich mühte mich, das Dunkel zu durchbrechen

ich öffnete die Augen – und ich wachte auf.

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